5G steht vor allem für die Einführung neuer Technologien, insbesondere für IoT (Bild: fuenf-G, Quelle: Tech-Pro Research)

Wenn es um das Thema Mobilfunk geht, drehen sich die Gespräche meist um den Konsumenten. Diesmal nicht. Verbraucher und Smartphone-User können noch eine Weile gut mit aktuellen und künftigen Ausbaustufen von 4G/LTE leben. 5G dagegen kann völlig neue Anforderungen in der Industrie erfüllen.

Die aktuell laufende 5G-Auktion und die unmittelbar danach vorgesehenen Vergabe von lokalen Frequenzen für industrielle Anwender rückt den Start des neuen Mobilfunkstandards 5G näher. Doch abseits der Versprechungen von Technik-Lieferanten und Providern stellt sich die Frage, welche Anwendungen in der industriellen Praxis  relevant sind. Worauf stellt sich die Industrie ein? Welche Erwartungen und Anforderungen sind hier zu finden? Antworten werden die Besucher der 5G-Arena in Halle 16 der diesjährigen Hannover Messe bekommen. An fünf Tagen findet hier ein umfangreiches Forumsprogramm, Paneldiskussionen und ein Konferenz-Tag statt. Zur Einstimmung und Vorbereitung auf den Messebesuch haben wir für Sie schon einmal geschaut, welche Antworten Marktforscher und Technik-Analysten derzeit in Umfragen und Consulting-Gesprächen geben. Hier einige der wichtigsten Erkenntnisse zu den industriellen Anwendern von 5G.

5G treibt das Internet der Dinge voran

Im Mai und Juni 2018 befragten die Marktforscher von Gartner ein nicht repräsentatives Panel, bestehend aus 185 Unternehmen. Die Ergebnisse des Reports „5G use case and adoption survey“ decken sich aber mit dem, was auch andere Analysten in ihren Gesprächen erfahren haben: An erster Stelle soll das Internet der Dinge von der 5G-Einführung profitieren. Zwei Drittel der befragten Firmen wollen bis 2020 IoT-Applikationen auf Basis von 5G entwickeln. In der Reihenfolge der Nennungen sind die wichtigsten Anwendungen:

  • Die Kommunikation mit IoT-Devices (fast 60 Prozent),
  • Video-Übertragungen – inklusive Augmented Reality und Virtual Reality (53 Prozent),
  • Fernsteuerung und Automation,
  • stationäres kabelloses Breitband und
  • hochperformante Analysen per Edge Computing.

Der Autor des Reports, Sylvain Fabre, Senior Research Director bei Gartner, zeigte sich überrascht dass IoT-Kommunikation so einen hohen Stellenwert einnimmt, da es mit LTE-M und Narrowband IoT (NB IoT) bereits verfügbare Alternativen im Bereich schmalbandiger, energiesparender Übertragungswege gebe. Konkurrenzlos sei 5G allerdings bei einer hohen Dichte von Devices – bis zu einer Million Sensoren pro Quadratkilometer sind möglich.

Sorge der Industrie

Eine große Sorge treibt die Industrie allerdings um: Dass die öffentlichen Netze der Provider nicht auf die industriellen Bedürfnisse zugeschnitten werden. Und Fabre sieht diese Sorgen berechtigt. Für die meisten Provider stehe zunächst die Flächenversorgung mit Mobilfunk im Vordergrund. Funktionen wie Network-Slicing, das unterschiedliche virtuelle Netze erlaubt, die auf verschiedene Anforderungen zugeschnitten sind würden ebenso später kommen wie Investitionen ins Back-end, um die Infrastruktur für Edge Computing und Mobile Cloud fit zu machen. Nach Ansicht des Gartner-Analysten werde dies erst in einem Zeitfenster von 2025 bis 2030 vollständig umgesetzt.

Den Unternehmen bleibt daher kaum eine Wahl: Sie müssen für interne Anwendungen mit eigenen, privaten Netzwerken planen. Gartner empfiehlt daher den Anbietern von 5G-Infrastruktur, sich auch dieses Marktsegments anzunehmen und passende Lösungen schnell auf den Markt zu bringen.

Hoffnungen verbunden mit 5G

Auch Tech Pro Research wollte wissen, wie Unternehmen mit dem Thema 5G umgehen. In einer Online-Umfrage von Dezember 2018 und Januar 2019 mit 164 Teilnehmern gaben 80 Prozent an, bis 2020 5G einsetzen zu wollen. Als wichtigster Grund zugunsten 5G wurde die Einführung neuer Technologien genannt (54 Prozent), wie IoT-Anwendungen, Analytics und die Schaffung von Smart Grids in Stromnetzen. Es folgte die Hoffnung auf höhere Produktivität aufgrund höherer Datenübertragungsraten (50 Prozent), der allgemeine Wunsch, führende Technik einzusetzen (34 Prozent) und die Erwartung sinkender Kosten für die Datenübertragung (27 Prozent).

Dass die 5G-Einführung einfach wird glauben allerdings die wenigsten. Zwei Drittel der Befragten gaben an, dass die bestehende Infrastruktur nicht für 5G geeignet ist, sondern aufgerüstet oder ausgetauscht werden muss. Dementsprechend arbeiten auch 57 Prozent der Unternehmen daran, die Netzwerk-Infrastruktur zu überprüfen, 36 Prozent bereiten die wichtigsten Unternehmensanwendungen auf Cloud-Anbindung vor.

Reicht W-LAN nicht aus?

Wieder einmal aufgeflammt ist die Diskussion, ob die 5G-Technik dazu geeignet ist, das WLAN, eventuell auch andere proprietäre Netze, im Innenbereich abzulösen. Und auch die Entgegnungen hat man schon früher gehört. Das sei nur der Versuch der Provider, sich mehr Kontrolle über die Datenkommunikation zu verschaffen, wettern die einen. Die Technik sei leistungsfähig und erprobt, W-LAN werde die Einführung von 5G genauso überstehen wie die Einführung von 3G und 4G, verteidigen die anderen. Und schließlich: Wolle man 5G-Netze Indoor ermöglichen, müsse man womöglich für jeden Provider eine eigene Antennen-Infrastruktur schaffen.

Doch die Befürworter eines Technologiewechsels haben – anders als bei den Vorgängergenerationen – diesmal gewichtige Argumente auf ihrer Seite. Die Erfahrung hat gezeigt, dass W-LAN einer ständigen Weiterentwicklung unterworfen ist. Die ermöglicht zwar immer höhere Datenübertragungsraten, doch nur auf Kosten relativ häufiger Hardware-Wechsel, inklusive hohem Aufwand für Installation und Tests. Der Versuch, Daten- und Sprachkommunikation mittels Voice over W-LAN (VoWLAN) zu vereinen, geht häufig mit einem Qualitätsverlust einher.

Vor allem aber, wenn 5G in Eigenregie betrieben wird, also auf Basis der lokalen Frequenzen, ist die Vereinheitlichung verschiedener Kommunikationsstandards interessant. Dann muss nur ein einziges Netz physikalisch betrieben werden, mit dem sowohl Daten als auch Sprache übertragen werden können. Per Network Slicing sind darüber hinaus virtuelle Netze möglich, die den unterschiedlichen Anwendungen angepasst sind.

KI, Machine Learning und Edge Computing

Schmalbandige Datenübertragungen von Sensoren in großer Zahl, Übertragungen hoher Volumina in die lokale Cloud zur späteren Analyse, zeitkritische Steuerungsaufgaben in der Robotik oder bei der Bildanalyse mit Hilfe von KI und Machine Learning per Edge Computing – sie alle laufen zusammen mit Sprachtelefonie unter 5G parallel. Und die anstehenden Weiterentwicklungen des Standards werden über Software-Updates der bestehenden Infrastruktur verfügbar gemacht.

Der Start von 5G könnte schneller kommen als viele bislang glauben – vielleicht schon im zweiten Halbjahr dieses Jahres. Und die Technik bietet gerade den Anwendern in der Industrie unschlagbare Vorteile. Der nächste Schritt Richtung Industrie 4.0 und IoT sollte daher bereits jetzt geplant werden.

(Der Beitrag ist in einer Variante auch erschienen auf www.hannovermesse.de/de/news/)