Schematische Darstellung eines Halbleiterbauteils (Quelle: Soitec/EpiGaN)

Autor: Jürgen Brückner

Im zweiten Teil seiner technologischen Betrachtung zu 5G geht Jürgen Brückner von der Frankfurter Vermögen stärker auf die Rolle der Chip-Komponenten ein, die bei 5G von strategischer Bedeutung sind. In diesem Zusammenhang werden auch Unternehmen genannt, die eine wichtige Stellung im Ökosystem von 5G einnehmen.

Im vorherigen Artikel haben wir einige der grundlegenden technologischen Neuerungen des 5G beschrieben. Zu einem besseren Verständnis des 5G ist es hilfreich, das gesamte Ökosystem zu betrachten. Viele Analysten betrachten hierbei oftmals insbesondere die Ausrüster (Huawei, Nokia, Ericcson), die Telekomgesellschaften sowie die Betreiber von Sendemasten (z.B. Crown Capital Corporation und American Tower in den USA).

Diese Gesellschaften stellen zwar wichtige Bindeglieder im Ökosystem des 5G dar, eine höhere Wertschöpfung wird jedoch in anderen Bereichen erzielt: Hier sind besonders die Unternehmen in den Bereichen Chip-Design (Sektor des sogenannten Electronic Design Automation), Metrologie, Testverfahren und die Hersteller der Komponenten sowie kritischen Bauteile (z.B. Modems) interessant.

Im gesamten Ökosystem des 5G stellen die Komponenten einen wichtigen Schritt in der Wertschöpfungskette dar, da hier aufgrund der Komplexität der Produkte eine hohe Markteintrittsbarriere herrscht und dementsprechend höhere Margen erzielt werden. Wesentlich ist, dass der Übergang zu sehr hohen Frequenzen auch eine neue Generation von Bauteilen erfordert, denn Filter und Verstärker arbeiten sonst nicht effektiv. In diesem Zusammenhang ist von besonderer Bedeutung, dass bei diesen Bauteilen zunehmend statt Silizium auf den Verbindungshalbleiter Galliumnitrid (GaN) gesetzt wird.

Komplexität der 5G-Komponenten

In der Wertschöpfungskette kommt auch den Unternehmen, die sich mit Testverfahren beschäftigen, eine hohe Bedeutung zu. Hier handelt es sich um Testverfahren auf drei verschiedenen Ebenen:

  • Die Bauteile
  • Die Maschinen zur Herstellung der Bauteile
  • Die Effizienz des 5G-Netzes

Der Leser kann sich anhand des nachstehenden Schaubilds aus einer Unternehmenspräsentation von EpiGaN (einer Tochtergesellschaft der französischen Gesellschaft Soitec, die führend auf dem Gebiet von „engineered wafern“ und des FD-SOI ist) einen Eindruck von der Komplexität der Komponenten machen.

Die typischen Halbleiterkomponenten (Filter, Verstärker, Antennen, etc.) werden erstellt, indem auf ein geeignetes Substrat (dem Wafer) eine Vielzahl von unterschiedlichen Schichten durch ein geeignetes sehr aufwändiges Verfahren (z.B. MOCVD – metal organic chemical vapor deposition) beschichtet werden, durch deren Anordnung,  Materialien und Abstimmung die gewünschten Eigenschaften des Halbleiterproduktes erzielt werden.

Hierbei ist auch wesentlich, dass durch die „Buffer“-Schichten der Übergang der Kristallstruktur des Siliziums-Substrats auf die nächsten Schichten angepasst werden kann, da die Materialien dieser Schichten eine andere Kristallstruktur haben. Da bei der Herstellung Temperaturen von bis zu 1.000 Grad Celsius auftreten, entstünden sonst Materialdefekte, die zu einer geringeren Effizienz führten.

Von besonderer Bedeutung für die Herstellung vieler Halbleiterprodukte ist auch das Zweidimensionale Elektronengas (2DEG), da es eine erhöhte Elektronenmobilität ermöglicht und daher als Grundlage für leistungsfähigere Bauteile insbesondere auch für 5G dient. Das folgende Zitat aus einem Forschungsbericht macht dies deutlich:

The high breakdown voltage, robust thermal stability, high peak electron velocity, strong polarization effect, and large saturation velocity of III‐nitrides make them excellent materials for hosting high‐mobility 2DEG. GaN‐based 2DEG have already been confirmed at the interfaces of AlGaN/GaN, InAlN/GaN, and AlN/GaN, leading to successful high electron‐mobility transistors (HEMTs) and opening the door to 5G high‐speed wireless communication.”

High‐Mobility Two‐Dimensional Electron Gas at InGaN/InN Heterointerface Grown by Molecular Beam Epitaxy, erschienen in Advanced Science, September 2018

 

Metrologie als unbekannte Größe

In der gesamten Halbleiterindustrie als Grundlage für die Produkte des 5G gibt es auf vielen Ebenen Veränderungen, z.B. auch bei den Wafern, wo zunehmend von der bisherigen Technologie CMOS auf FD-SOI umgestellt wird, da hier geringere Leckströme auftreten. Weitere wichtige Schritte im Ökosystem des 5G sind das Design, die Messung (mit dem neuen Wissenschaftsgebiet Metrologie) und die Bearbeitung der Wafer. Allein für die Herstellung einer fehlerfreien Oberfläche werden z.B. im Rahmen der Chemical Mechanical Planarization (CMP) bis zu 30 Schritte benötigt.

In dem Maße wie die Größe der Komponenten immer stärker in die Größe eines Atoms vorstoßen kommt auch den Methoden des Messens und der Analyse von Verunreinigungen höhere Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang kommt dem wenig bekannten Wissenschaftsgebiet der Metrologie eine entscheidende Bedeutung zu. Die breite Öffentlichkeit hat wahrscheinlich zum ersten Mal von diesem Wissenschaftsgebiet erst im letzten Jahr gehört, als am 19. Mai 2019 eine grundlegende Änderung des Internationalen Einheitensystems in Kraft trat. Mit diesem Tag bilden nicht mehr 7 Basiseinheiten das Fundament alles Messens, sondern 7 Naturkonstanten.

Die neue Generation von Smartphones für das 5G benötigt aufgrund der technologischen Herausforderungen vor allem leistungsfähigere Filter, Antennen, Switches und Verstärker. Eines der führenden amerikanischen Unternehmen bei diesen Komponenten Qorvo weist auch darauf hin, dass zur Effizienzsteigerung eine enge Integration aller Komponenten erforderlich ist. Außerdem müsse sichergestellt werden, dass die Smartphones gleichzeitig sowohl unter 4G als auch unter 5G arbeiten.

Diese Ausführungen können nur einen kleinen Teil des 5G Ökosystems abdecken, sie verdeutlichen aber, dass das 5G alle Agenten vor große technologische Herausforderungen stellt. Abschließend sei bemerkt, dass die bisher versteigerten Frequenzen in den meisten Ländern nur das geringere Frequenzspektrum bis 6 GHz abdecken. In dem Maße, wie auch höhere Frequenzen angeboten werden, nehmen die technologischen Anforderungen zu, aber erst bei den höheren Frequenzen kommen die Vorteile der höheren Leistungsfähigkeit des Netzes richtig zur Geltung. Für Entwickler, Ingenieure und Investoren in diesen Technologien wird daher noch auf Jahre hinaus ein interessantes Tätigkeitsfeld bestehen bleiben.

5G aus Anlegersicht

In den Medien werden zu 5G vor allem die Sicherheitsaspekte im Zusammenhang mit den Ausrüstern in den Vordergrund gestellt (Huawei) sowie die Kosten der Versteigerung der Frequenzen. Gerne wird auch auf Gesundheitsaspekte des 5G hingewiesen. Nur gelegentlich wird auf den viel zu langsamen Ausbau des Netzes verwiesen, wo Deutschland einer Zukunftstechnologie nicht die gebührende Priorität einräumt, obwohl gerade in Deutschland der Umbau zu einer Wissensgesellschaft von essentieller Bedeutung ist. Kaum Erwähnung finden jedoch in den Medien die Chancen und Anwendungen.

Aus Anlegersicht fehlen Berichte über die Wertschöpfungskette und das gesamte Ökosystem, welche erst einen Einblick in die hohe Komplexität der Schlüsselkomponenten ermöglichen, deren Entwicklung wiederum die Voraussetzung für das 5G ist. Die Ausrüster wie Huawei, Nokia und Ericcsson benötigen aber für ihre Produkte genau diese Schlüsselkomponenten.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass sich bei den Technologien grundlegende Veränderungen ergeben, so z.B. die zunehmende Ablösung von Silizium durch Galliumnitrid. Zwar nehmen bei den Schlüsselkomponenten amerikanische Unternehmen eine führende Position ein, aber auch in Deutschland und Frankreich sind z.B. mit Aixtron, Singulus, Siltronic, Infineon und Soitec marktführende Unternehmen in diesem Sektor bekannt. Auch eine Reihe führender Forschungsinstitute beschäftigt sich mit diesen Themen (Aixtron ist z.B. durch ein Spin-Off der TU Aachen vor mehr als 20 Jahren entstanden). Untrennbar verbunden mit 5G ist übrigens auch das Thema Internet-Sicherheit („Cybersecurity“), denn parallel mit dem Ausbau des 5G wachsen auch die Anforderungen an die Datensicherheit. Der Anleger findet hier ebenfalls ein Aktienuniversum mit einem nachhaltigen Wachstumspotential.

 

(Ende Teil 2 – Hier finden Sie den ersten Teil des Artikels.)

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Zum Autor

Jürgen Brückner

 

Jürgen Brückner ist Portfolio Manager und Mitglied des Aufsichtsrats der Frankfurter Vermögen AG.

Er hat in Deutschland und den USA Wirtschaftswissenschaften studiert und weltweit für verschiedene deutsche Großbanken gearbeitet. Er interessiert sich für neue Technologien und verantwortet den Fonds DigiTrends der Gesellschaft, der dieses Jahr neu aufgelegt wurde. Von ihm stammte auch die Idee der Auflegung des Wertefinder Technologie 5G Wikifolios.

 

Zur Frankfurter Vermögen AG

Diese Gesellschaft verwaltet europaweit Gelder für vermögende Privatkunden. In ihrer Eigenschaft als Vermögensverwalter berät sie außerdem zwei international investierende deutsche Publikumsfonds (den Mischfonds DUI Wertefinder und den Aktienfonds DigiTrends) sowie einen spanischen Publikumsfonds (Renta 4 Wertefinder). Bei ihren Anlagen verfolgt die Gesellschaft einen globalen Ansatz. Im Rahmen des Investmentprozesses stützt sich die Gesellschaft stark auf Anlagen in Technologieunternehmen mit einer hohen Markteintrittsbarriere und Firmen der Pharmabranche und Medizintechnik.