Häufig beruht Kritik an 5G auf Falschannahmen und Fehlinformationen (Bild: pixabay/liggraphy)

Online-Plattformen, Bürger-Initiativen und auch die ein oder andere Redaktion schüren die Angst vor den „5G-Wellen“ oder gar „5G-Strahlen“. Dabei gibt es so etwas gar nicht. Hier die wichtigsten Fakten zum neuen Mobilfunkstandard 5G, den verwendeten Frequenzen und möglichen Risiken.

Haben Sie schon einmal von Ampel-Wellen gehört? Oder von Scheinwerferwellen? Nein? Ich auch nicht. Niemand  würde auf die Idee kommen, sichtbares Licht der Bereiche rot-gelb-grün oder unterschiedlich „weißes“ Licht von Autoscheinwerfern, das von gelblich-weiß über rein-weiß bis bläulich-weiß changieren kann, in dieser Weise zu bezeichnen. Jeder weiß: Licht kann in verschiedensten Anwendungen genutzt werden. Das Lichtspektrum, das aus dem Autoscheinwerfer quillt, ist möglicherweise das gleiche wie das einer Signalleuchte der Bahn, einer Schreibtischlampe oder einer Lichtschranke.

Seltsamerweise ist es bei nicht sichtbaren Funkwellen völlig anders. Hier geistern neuerdings „5G-Wellen“ und „5G-Strahlen“ durch Foren und Artikel. Auch von UMTS-Wellen oder LTE-Wellen war in der Vergangenheit schon die Rede. Dabei ist diese Art der Bezeichnung meist völlig falsch. Und gerade im Fall von 5G sogar extrem irreführend.

Gebräuchliche Mobilfunk-Frequenzen

Die ersten in Deutschland eingeführten Mobilfunknetze (A-,B- und C-Netz) waren noch analog und sind heute nicht mehr in Betrieb. D- und E-Netz waren erstmals digital und öffneten den Weg zur digitalen mobilen Datenübertragung, zunächst nach dem Standard GPRS, später Edge. Sie gelten als Datenübertragungsstandards der zweiten Generation, daher die heutige Abkürzung 2G.

Es folgten die Standards UMTS, HSDPA und HSDPA+ (3G). LTE und LTE Advanced markierten die vierte Generation (4G), der Nachfolgestandard hat eigentlich den Namen „New Radio“ (NR), wird aber meist als 5G NR oder schlicht 5G bezeichnet.

 

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Diese verschiedenen Mobilfunkstandards nutzen unterschiedliche Frequenzbänder, derzeit im Bereich von 700 MHz bis 5 GHz, wie in der untenstehenden Grafik dargestellt. Moderne Smartphones und angepasste Sende-/Empfangstechnik ermöglichen es, die angebotenen Dienste auf unterschiedlichen Frequenzblöcken anzubieten – die Bandbreiten addieren sich für den Nutzer. Daher ist eine Bezeichnung von beispielsweise „LTE-Wellen“ Unsinn – LTE kann im 700-MHz-Band stattfinden, im 2,6-GHz-Band und auch in verschiedenen Frequenzen dazwischen.

Derzeit gebräuchliche Mobilfunkfrequenzen

Derzeit gebräuchliche Mobilfunkfrequenzen

Künftig genutzte Frequenzen

Mit 5G sollen besonders hohe Datenübertragungsraten möglich sein. Dafür müssen auch hohe Bandbreiten zur Verfügung gestellt werden. Bei der derzeitigen Frequenzauktion könnten sich Telekom und Vodafone im 3,6-GHz-Band bis zu 130 MHz sichern, was Datenraten von bis zu 1,5 Gb/s ermöglichen würde – allerdings nur in Ballungsräumen. Für die Flächenversorgung ist dieses Band nicht geeignet, da sich die Wellen nicht sehr weit ausbreiten. Dafür sind eher die Frequenzen im 700-MHz-Band geeignet, die bislang von DVB-T genutzt wurden. Dort sind die Bandbreiten allerdings begrenzt, so dass auch die maximal erzielbaren Datenraten niedriger ausfallen.

Größere zusammenhängende Frequenzbereiche – die riesige Datenraten ermöglichen – finden sich allerdings in noch deutlich höheren Frequenzbereichen. Für 5G sind beispielsweise Bänder im Bereich von 24 bis 86 GHz im Gespräch. Vom Standardisierungsgremium 3GPP definiert wurden im 5G-Release 15 bislang zwei unterschiedliche Frequenzbereiche (FR, Frequency Ranges): einmal von 450 MHz bis 6 GHz (FR1), zum anderen von 24,25 GHz bis 52,6 GHz (FR2). In den USA werden schon FR2-Frequenzen vergeben. In Deutschland gibt es in diesem Bereich bislang einzelne Feldversuche, zum Beispiel von Telefónica (O2) in Hamburg, bei dem drei Monate lang Fixed Wireless Anschlüsse (FWA) über 5G auf einer Frequenz von 26 GHz getestet wurden. Dieser Frequenzbereich ist jedoch nicht überall nutzbar, da auch Richtfunk derzeit hauptsächlich im 26-GHz-Band durchgeführt wird. Eine Änderung ist jedoch in Sicht. Bis Mitte 2020 will die Bundesnetzagentur (BNetzA) einen Entwurf vorbereiten, der die Frequenzvergabe im 26-GHz-Bereich (24,25 bis 27,5 GHz) regelt. Die Eröffnung des Vergabeverfahrens könnte dann Ende des Jahres oder Anfang 2021 erfolgen.

Die Anfang Mai 2019 gestartete Testausstrahlung von 5G-Broadcasting in Oberbayern nutzt dagegen Frequenzen bei 750 MHz. Damit soll langfristig DVB-T abgelöst werden. Der bisherige Standard macht bis Ende Mai die bislang verwendeten Frequenzen bei 700 MHz frei, die dann für die Flächenversorgung mit LTE oder 5G genutzt werden können. Das derzeit aktuelle DVB-T2 belegt das Spektrum von 470 bis 690 MHz, das später ebenfalls zusätzliche Kapazitäten für Mobilfunk liefern könnte.

Irreführende Bezeichnungen

Ursprünglich wurden wohl mit „5G-Wellen“ oder „5G-Strahlen“ Anwendungen in den hohen FR2-Frequenzbereichen gemeint, also oberhalb von 24 GHz. Doch meist fehlt das Wissen um die verschiedenen verwendeten Frequenzen, oder es wird schlicht nicht differenziert.

Alternativ ist auch von „Mikrowellen“ die Rede, insbesondere wenn ein Bezug zum Mikrowellenherd hergestellt werden soll, um die angeblichen Gefahren dieser Strahlung zu illustrieren. Von Mikrowellen spricht man generell im Bereich von 300 MHz bis 300 GHz. Elektromagnetische Wellen unterhalb von 300 MHz sind Radiowellen, bei 300 GHz beginnt die infrarote Strahlung.

Übrigens: Mikrowellenherde nutzen in der Regel 2,455 GHz, also Frequenzen in der Nähe des WLAN-Spektrums. In den USA sind auch industrielle Mikrowellenherde in Gebrauch, die freie Frequenzen bei 900 MHz nutzen. Hierzulande ist dieser Frequenzbereich von LTE belegt. WLAN und Mobilfunk nutzen aber sehr viel geringere Energiedichten, so dass eine Gleichsetzung von Mobilfunkmasten und WLAN-Routern mit Mikrowellenherden den Tatsachen nicht gerecht wird.

Einigermaßen zutreffend ist die Bezeichnung „Millimeterwellen“ für die höheren Frequenzbereiche. Wellenlängen von 1 mm bis 10 mm entsprechen den Frequenzen von 30 bis 300 GHz. Nimmt man „Millimeterwellen“ nicht als physikalisch exakte Bezeichnung, sondern als Gattungsbegriff, so kann man darunter auch den für 5G relevanten Bereich des FR2-Spektrums bis hinunter zu 24 GHz fassen.

Alte und neue Grenzwerte

Anlässlich der Versteigerung von 5G-Frequenzen in Deutschland hat sich das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) mit der Frage der Gefahren durch den neuen Mobilfunkstandard auseinandergesetzt. Hier kam das BfS zu differenzierten Einschätzungen:

  • im Bereich der Millimeter- und Zentimeterwellenlängen (entsprechend FR2) lägen erst wenige Untersuchungsergebnisse vor. Hier sieht das BfS noch Forschungsbedarf;
  • im Bereich FR1 seien viele technische Aspekte von 5G mit denen bisheriger Mobilfunkstandards vergleichbar. Erkenntnisse aus Studien, in denen mögliche Gesundheitswirkungen elektromagnetischer Felder des Mobilfunks untersucht wurden, könnten daher zu einem großen Teil auf 5G übertragen werden. Nach dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand seien keine gesundheitsrelevanten Wirkungen zu erwarten, wenn die aktuellen Emissionsgrenzwerte eingehalten werden.

Diese Grenzwerte können inzwischen allerdings tatsächlich Einfluss auf den Ausbau von 5G nehmen. Denn die Sendeleistung des neuen Mobilfunkstandards addiert sich zu denen von 2G, 3G und 4G. In der Schweiz wurden beispielsweise die Grenzwerte bereits an jedem vierten Antennenmast ausgeschöpft. Deshalb müssen die Installationen für 5G nun zum Teil auf neue Standorte ausweichen. In Brüssel, das die strengsten Emissionswerte weltweit vorgibt, wurde die Errichtung von 5G-Masten sogar ausgesetzt, da die Regionalregierung nicht bereit war, für die neue Technik eine Ausnahmegenehmigung zu erlassen. Noch offen ist, ob die bestehenden Grenzwerte für Frequenzen oberhalb von 24 GHz geeignet sind und wie die Strahlungsemissionen in Addition der verschiedenen Bänder zu bewerten sind. Hier werden künftige Forschungen hoffentlich Klarheit schaffen.

Unterhalb von 24 GHz – also zwischen den FR1- und FR2-Segmenten – ist das Spektrum geschützt, unter anderem für die Klimaforschung, die den Anteil von Wasserdampf in der Atmosphäre mit Hilfe von 23,8-GHz-Sensoren erfasst. Die Befürchtung, dass diese Messungen durch 5G-Anwendungen im Bereich von 24,0 bis 27,5 GHz beeinträchtigt werden, ist nicht der Tatsache geschuldet, dass diese Frequenzen überhaupt genutzt werden. Sondern dass die USA – anders als Europa – hier möglicherweise zu lasche Grenzwerte für die Strahlungsintensität festgelegt haben. Das könnte aber noch von der Internationalen Fernmeldeunion (International Telecommunication Union, ITU) korrigiert werden, die sich im Oktober und November 2019 auf der nächsten World Radiocommunication Conference (WRC) mit dieser Problematik befasst.

Kein Antennenwald auf dem Land

In Deutschland gibt es bislang 25.000 Antennenstandorte, die Zahl der Antennen ist höher, da pro Standort mehrere Antennen installiert sind. Prognosen, nach denen es in landesweit 200.000, 800.000 (Bitkom) oder gar 1,2 Millionen (BUGLAS) Masten beziehungsweise Standorte bräuchte, um 5G flächendeckend auszurollen, sind purer Unsinn. Gleiches gilt für Angaben, dass überall – also auch auf dem Land – alle 400 oder gar alle 150 Meter eine Sendeanlage benötigt würde.

Diese Berechnungen beruhen auf der – falschen – Annahme, dass die derzeit in der Auktion angebotenen Frequenzen oder gar solche aus dem Millimeterbereich für die Flächenversorgung genutzt würden. Die Flächenversorgung wird bei 5G voraussichtlich im Bereich unterhalb von 1 GHz umgesetzt, zum Beispiel auf den ehemaligen DVB-T-Frequenzen. Hier bieten die Wellen eine ausreichend große Ausbreitung, um ohne „Verspargelung“ der Landschaft auszukommen.

Anders sieht es lediglich in dicht besiedelten Gebieten aus. In den Städten, wo viele Nutzer auf engem Raum zusammenleben, wird es tatsächlich ein engermaschiges Netz von 5G-Antennen geben, um die benötigten Bandbreiten mit entsprechend hohen Datenraten für viele Teilnehmer pro Zelle erzielen zu können. Dies wird zunächst auf Basis der derzeit versteigerten Frequenzen im Bereich 2,0 und 3,6 GHz realisiert, mit entsprechend kleineren Funkzellen. Und irgendwann auch auf Basis von Millimeterwellen, wenn die entsprechenden Frequenzen zur Nutzung bereitstehen.

Kommentar: Plädoyer für mehr Sachlichkeit

Die Diskussion um Millimeterwellen, die in den USA geführt wird, geht derzeit an der deutschen Wirklichkeit vorbei. Wenn jedoch selbst das BfS dafür plädiert, hier noch weitere Forschungen zu betreiben, sollte das ernstgenommen und der Betrieb dieser Frequenzen überdacht und mit wissenschaftlicher Hilfe vorbereitet werden. Horrorzahlen in Bezug auf Senderstandorte, Behauptungen, dass massenhaft Bäume gefällt würden, weil die den Empfang stören, oder Spekulationen über Konflikte mit der Wetterforschung sind jedoch an den Haaren herbeigezogen oder überzogen und können getrost ignoriert werden, ebenso wie viele weitere Abstrusitäten, die sich rund um 5G ranken.

Der künftige Mobilfunkstandard 5G bietet eine Menge Chancen. Das darf kein Grund sein, mögliche Gefahren einer neuen Technologie völlig auszublenden. Allerdings kann eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Risiken nicht anhand von Fake News, Verdrehungen oder verfälschenden Überschriften geführt werden, die nur um Aufmerksamkeit – sprich: Klicks der Online-Nutzer – buhlen. Belastbare Information statt belastender Emotionen: das sollte die Grundlage für eine vernünftige Diskussion sein. Wo von „5G-Wellen“ die Rede ist oder 5G als Synonym für hochfrequente Strahlung gesetzt wird, besteht tatsächlich ein hohes Risiko. Aber nicht für Ihre Gesundheit, sondern für eine sachliche, fundierte Meinungsbildung. Das Thema ist jedoch zu wichtig, um es Stimmungsmachern zu überlassen.