Zwanzig Prozent der deutschen Bevölkerung geben in Umfragen an, sich Sorgen wegen möglicher Wirkungen auf Gesundheit oder Umwelt durch „Mobilfunkstrahlung“ zu machen. In Deutschland hat die Bundesregierung 2020 das Kompetenzzentrum Elektromagnetische Felder des Bundesamts für Strahlenschutz gegründet, um sowohl Risikobewertung und Forschung zu intensivieren als auch gelingende Risikokommunikation hierzu zu gestalten. Der folgende Beitrag ordnet die verschiedenen Aspekte ein (Teil1).  

 

Autor: Christian Raupach, Bundesamt für Strahlenschutz

Strahlung umgibt uns überall, deswegen geht Strahlenschutz alle an. Wir sind umgeben von elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Feldern (EMF). Mobilfunk nutzt hochfrequente elektromagnetische Felder (HF-EMF). Zwanzig Prozent der Menschen in Deutschland geben an, sich Sorgen darüber zu machen, dass die bei Mobilfunk genutzten HF-EMF gesundheitsschädlich sein könnten. Das hat zuletzt wieder eine Umfrage im Auftrag des BfS gezeigt. 5G hat diese Sorgen erneut etwas stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Bedenken gibt es vor allem, wenn neue Infrastruktur sichtbar wird, wenn also beispielsweise neue Mobilfunkmasten gebaut werden.

Hier fängt die Kommunikationsarbeit des KEMF häufig an. Menschen haben üblicherweise keine gute Vorstellung davon, wie sich HF-EMF im Raum verteilen, wie stark ihre Intensitäten beispielsweise mit Abstand zur Feldquelle abnehmen. Faktisch werden Grenzwerte bezüglich der HF-EMF von Mobilfunkmasten (der korrekte technische Begriff ist „Mobilfunkbasisstationen“) üblicherweise zu unter zehn Prozent ausgeschöpft. Viele Messdaten der für die Überwachung zuständigen Bundesnetzagentur zeigen sogar Werte unter einem Prozent. Das Endgerät direkt am Körper (z.B. Smartphone) ist hingegen in der Regel die potentiell bedeutendste Feldquelle. Darüber zu informieren, so dass Menschen ihre eigene Exposition besser einschätzen können, ist ein wichtiger Teil des Auftrags „Strahlenschutz“, den das KEMF hier umsetzt.

Definition „Exposition“
Die Exposition beschreibt, in welchem Maß eine Person HF-EMF ausgesetzt ist. Hierbei wird zwischen Ganzkörperexposition und lokaler Exposition unterschieden. Im Gegensatz zur Ganzkörperexposition sind bei lokaler Exposition nur Teilbereiche des Körpers exponiert, beispielsweise beim Telefonieren mit dem Smartphone am Kopf.

Kommunikation auf Basis der Wissenschaft

Aber Moment mal … gibt es hier überhaupt etwas, wovor man sich schützen muss? Wie ist der Stand der Forschung zu möglichen Gesundheitsschäden durch HF-EMF, speziell durch 5G? Diesen Stand und seine Entwicklung konsequent zu beobachten, zu bewerten und offene Forschungsfragen durch weitere Forschung zu beantworten, bildet die Kernarbeit des KEMF. Wissenschaftlich fundierte Risikobewertung ist Basis für erfolgreiche Information der Öffentlichkeit und Risikokommunikation.

Insgesamt ist das Thema gesundheitliche Effekte durch EMF gut erforscht, weltweit besteht in der Fachwissenschaft ein weitgehender Konsens, dass bei Einhaltung der geltenden Grenzwerte nicht mit gesundheitsrelevanten Wirkungen zu rechnen ist. Es gibt zu einzelnen Aspekten weiterhin Forschungsbedarf – dazu später mehr. Zunächst etwas Grundlagenwissen.

5G-Mobilfunk – für den Strahlenschutz wenig Neues

Mobilfunk nutzt HF-EMF zur Übermittlung von Informationen zwischen Endgerät (z.B. Smartphone) und Mobilfunkmast. Aus Sicht der Experten für den Strahlenschutz ist an 5G wenig Neues. Die physikalischen Eigenschaften ähneln denen, die bei 2G (GSM), 3G (UMTS) oder 4G (LTE) genutzt werden. Dadurch lassen sich die Erkenntnisse aus vielen relevanten Studien auf 5G übertragen. Dasselbe gilt für andere Technologien mobiler Datenübertragung, die elektromagnetische Fehler nutzen, wie WLAN, Bluetooth, Ultra-Wideband usw.

Zwei physikalische Eigenschaften von HF-EMF sind relevant für den Strahlenschutz: Die Frequenzen und die Feldstärken.

Je höher die Frequenz, desto geringer die Eindringtiefe des Feldes in den Körper. Das liegt darn, dass die Energie bei höheren Frequenzen besser vom Körper absorbiert wird. Übliche Mobilfunkfrequenzen liegen bei 5G im Bereich zwischen etwa 700 MHz (Megahertz, d.h. Millionen Hertz) und etwa 3,6 GHz (Gigahertz, d.h. Milliarden Hertz). Bei 700 MHz können EMF bis zu ungefähr fünf Zentimeter in den Körper eindringen, bei 3,6 GHz bis zu ungefähr einem Zentimeter. Hieraus lässt sich ableiten, welche Organe im menschlichen Körper direkt betroffen sein könnten von diesen HF-EMF.

Die zweite für den Strahlenschutz relevante Eigenschaft von HF-EMF ist die Feldstärke. Sie bestimmt neben einigen anderen Parametern, wieviel Energie das Feld auf einen Körper übertragen kann. Die HF-EMF geben geladenen Molekülen unseres Körpers zusätzliche Bewegungsenergie. Dadurch kann sich der Körper erwärmen. Diese Erwärmung und ihre körperlichen Folgen sind die einzigen wissenschaftlich nachgewiesenen gesundheitsrelevanten Wirkungen von HF-EMF.

Erwärmung des Körpers – Grenzwerte schützen

Erwärmung ist nicht automatisch gefährlich. Unsere Körpertemperatur schwankt im Tagesverlauf um ungefähr ein Grad Celsius. Erst wenn unser ganzer Körper dauerhaft um mehr als ein Grad Celsius erwärmt wird, wird es gesundheitlich relevant. Die geltenden Grenzwerte (für Basisstationen) bzw. Höchstwerte (für Endgeräte) sind daran orientiert. Sie sorgen dafür, dass die HF-EMF des Mobilfunks Personen praktisch nicht erwärmen.

Wie kann das sichergestellt werden? Es ist bekannt, wieviel Leistung ein menschlicher Körper absorbieren muss, um die Körperkerntemperatur um ein Grad Celsius zu erwärmen: Vier Watt pro Kilogramm Körpergewebe. Teilt man diesen Wert durch den für die Ganzkörperexposition festgelegten Sicherheitsfaktor 50 (woher der kommt, wird weiter unten erklärt), ergibt sich daraus die Spezifische Absorptionsrate (SAR) für die Allgemeinbevölkerung von 0,08 W/kg. Das ist der Energieeintrag, den Menschen maximal durch Mobilfunkstrahlung von ortsfesten Mobilfunkmasten bekommen dürfen. Daraus werden nun gesetzlich geltende Referenzwerte abgeleitet, die eine Messung in realen Umgebungen ermöglichen. Diese finden sich in der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung.

An jedem Ort in Deutschland, wo sich Menschen aufhalten können, darf die Summe aller HF-EMF von fest installierten Sendeanlagen mit nennenswerter Leistung diese Referenzwerte nicht überschreiten. Das gilt auch, wenn auf diesen Ort mehrere Mobilfunkmasten gleichzeitig einwirken, und auch noch mehrere Rundfunksender. Für berufliche Umgebungen gelten geringere Sicherheitsfaktoren (10 für Ganzkörperexposition) als für die allgemeine Bevölkerung (50 für Ganzkörperexposition), weil davon ausgegangen werden kann, dass Erwachsene an Arbeitsplätzen bekannten Expositionsbedingungen ausgesetzt sind und im Rahmen des Arbeitsschutzes über potentielle Risiken und Vorsorgemaßnahmen unterrichtet werden. Im Gegensatz dazu beinhaltet die Allgemeinbevölkerung Individuen aller Altersgruppen und Gesundheitszustände.

Der Begriff des SAR-Werts begegnet uns im Alltag allerdings vor Allem im Zusammenhang mit Endgeräten wie Handys oder Tablets: Hier gibt er an, wieviel der vom Endgerät abgestrahlten Energie vom Körper aufgenommen wird. Wer das beim Handy so gering wie möglich halten will, kann sich an der SAR-Liste auf der Webseite des BfS orientieren. Wichtig ist dabei, die zulässigen Höchstwerte für Endgeräte nicht mit denen für Mobilfunkmasten gleichzusetzen. Mobilfunkmasten treffen mit ihren Feldern auf den gesamten menschlichen Körper. Wenn der ganze Körper sich erwärmt, hat er nicht die Möglichkeit, durch den Blutkreislauf Wärme aus einzelnen Körperteilen in andere Körperteile abzuführen. Deshalb sind die zulässigen SAR-Werte für Endgeräte, die nur einen kleinen Teil des Körpers erwärmen, deutlich höher: Statt 0,08 W/kg wie bei Mobilfunkmasten sind es für Kopf und Rumpf 2 W/kg, für Extremitäten 4 W/kg.

Zum Autor: Christian Raupach, Co-Leitung des Kompetenzzentrums Elektromagnetische Felder am Bundesamt für Strahlenschutz, zuständig für den Bereich „Information und Kommunikation“ beim Bundesamt für Strahlenschutz in Cottbus

Lesen Sie im zweiten Teil Risikobewertung von 5G-Strahlen über Unsicherheiten und Schutz.

Veranstaltungstipp
Einige Anwender werden sich auch am 22./23. November 2023 in Würzburg treffen, um ihre individuellen Fragen und Herausforderungen gemeinsam mit 5G-Expertinnen und -Experten diskutieren. Fragen Sie nach einer Last-Minute-Teilnahme. Mehr zur Netzwerkveranstaltung Connect2Innovate finden sie hier.