Die gemeinsame Studie von Nokia und EY zeigt: Jenseits der bunten Gamerwelten bietet das Metaverse auch der Industrie echten Mehrwert. Enorme Effizienzsteigerungen in der Praxis übersteigen oft die Erwartungen, so ein Ergebnis der Studie. Dadurch lohnen sich auch die Investitionen in eine leistungsfähige Infrastruktur, wie beispielsweise in 5G-Campusnetze.

In der öffentlichen Wahrnehmung wird das Thema Metaverse von Konzernen wie Meta und Co. bestimmt. Dementsprechend stehen dort Consumerthemen im Fokus, mit Avataren und virtuellen Welten für Games und Social Media. Ist das Metaverse also nur eine Spielerei?

Nein, dieser Eindruck wäre falsch. Tatsächlich ist das Metaverse auch im Unternehmensumfeld angekommen und hat dort durchaus interessante Anwendungen hervorgebracht. Nokia und die Unternehmensberatung EY haben diese Aspekte in einer Studie mit dem Titel „Metaverse@Work“ untersucht und haben in einem Report zur Studie zusammengefasst, was Unternehmen aus verschiedenen Industriebereichen mit dieser Technologie erreichen können.

Grundsätzlich geht es beim industrielle Metaverse um eine physisch-digitale Verschmelzung und Erweiterung der menschlichen Wahrnehmung für industrielle Anwendungen. Es umfasst digitale Darstellungen von physischen industriellen Umgebungen, Systemen, Prozessen, Anlagen und Räumen, die von den Nutzern gesteuert, überwacht und interaktiv genutzt werden können.

Nächster Schritt der Digitalisierung

Kritiker könnten aufgrund dieser Definition glauben, das industrielle Metaverse sei die Verknüpfung von Dashboards mit Extended Reality (XR), also Augmented Reality (AR) und/oder Virtual Reality (VR). Doch auch das greift viel zu kurz. Die Abbildung der Realität als Digitaler Zwilling reicht viel tiefer – bis hin zu einer 24/7-Live-Betrachtung der physikalischen Welt, inklusive der logischen Abbildung von Prozessketten und der damit verbundenen Daten. Stefan Kindt, Technology Evangelist Nokia, macht klar, was das für Unternehmen bedeutet:


„Wo man bislang nur mit größerem Zeitversatz auf Basis gepeicherter Daten Untersuchungen anstellen konnte, sind nun – beispielsweise für Trainingszwecke oder für Optimierungsmaßnahmen – Live-Simulationen möglich, die dann auch sehr schnell in der Realität umgesetzt werden können.“

 

Konkreter Nutzen des Metaverse

Ein Beispiel aus dem Verkehrssektor zeigt, wie sich das Metaverse gewinnbringend einsetzen lässt. So hatte das Ingenieurbüro SMEC an einem Tunnelprojekt in Australien mitgewirkt, bei dem eine Flussunterquerung den Verkehrsfluss verbessern sollte. Nach der Inbetriebnahme zeigte sich, dass es weiterhin Probleme gab. Als Ursache wurde ein Aspekt menschlichen Verhaltens ausgemacht: Wenn die Straße nach dem Durchqueren des tiefsten Punktes der Unterquerung wieder anstieg, verlangsamten die Fahrerinnen und Fahrer, was zur Staubildung führte. Mit Unterstützung des Metaverse wurden verschiedene Maßnahmen per Simulation getestet, um diesen Effekt zu mindern und den Verkehrsfluss zu verbessern.

So konnte eine Lösung gefunden werden, die sich nun in der Realität bewährt. Die Betreiber rüsteten LED-Streifen an den Tunnelwänden nach, über die sich bewegliche Punkte anzeigen lassen – in der optimalen Geschwindigkeit. Tatsächlich passen die Fahrzeuglenker ihre Fahrweise an die optischen Signale an und geben auf dem ansteigenden Stück etwas mehr Gas, um mit den Lichtzeichen synchron zu bleiben. Nun fließt der Verkehr wieder flüssig, ohne unnötige Staus.

Bereits weit verbreitet

Für die Metaverse-Studie von Nokia und EY (kostenloser Download hier) wurden 860 Entscheider in den USA, Brasilien, Großbritannien, Deutschland, Japan und Südkorea in vier Schlüsselbranchen befragt:

  • Automobil,
  • Industriegüter und Fertigung,
  • Transport, Lieferketten und Logistik sowie
  • Energie- und Versorgungsunternehmen.

Darüber hinaus wurden 22 vertiefende Interviews mit Metaverse-Fachexperten und Branchenführern geführt, wobei neben den genannten Branchen auch Vertreter aus den Bereichen öffentliche Sicherheit und Verteidigung zum Zuge kamen. Auf diese Weise wurden die wichtigsten Treiber, Vorteile, Herausforderungen und Risiken identifiziert, die mit der Bereitstellung von Anwendungsfällen im Metaversum verbunden sind. Aber auch weitere Faktoren, wie beispielsweise Enabler und Partnerschaften, die erforderlich sind, um den Wert zu steigern.

Mehrwert in der Praxis

Eines der überraschendsten Ergebnisse der Nokia-EY-Studie: Unternehmen, die bereits industrielle oder Unternehmens-Metaverseanwendungen im Einsatz haben, bewerten die Technologie positiver als jene, die noch bei der Einführung sind. Das bedeutet, dass die Ergebnisse in der Praxis die Erwartungen häufig noch übertreffen.

Wie sich gezeigt hat, schafft ein persistentes Überlagern der physischen mittels der virtuellen Welt – und genau das ist das Wesen des Metaverse – wesentlich mehr Use Cases, als bei der Konzeption erwartet, und dadurch eine bessere Produktivität als in den Wirtschaftlichkeitsberechnungen zugrunde gelegt. Stefan Kindt ist sich daher sicher, dass das industrielle Metaverse künftig eine noch größere Rolle spielen wird bei der Verbesserung der Effizienz von industriellen Anlagen. In den kommenden fünf bis sechs Jahren werde das industrielle Metaverse ein wesentlicher Treiber für die Entwicklung der benötigten Technologien sein, so Kindt.

Infrastruktur mit 5G anpassen

Das bedeutet allerdings auch eine höhere Anforderung an die Leistungsfähigkeit der Datenkommunikation und der IT-Ressourcen. Übertragung von Prozessdaten in Echtzeit und zeitnahe Analyse, der Einsatz von KI und Visualisierungstechnologien auf OT-nahen Edge-Servern wird im Zuge der Metaverse-Einführung weiter ansteigen. Alles das werde den Datendurchsatz in den kommenden Jahren um etwa 50 Prozent ansteigen lassen, so die Prognose der Marktexperten.

Eine Möglichkeit, dieses Wachstum zu bewältigen, bietet 5G. Eigene Campusnetze in der Fertigung und auf dem Betriebsgelände als zuverlässige, sichere und leistungsfähige Infrastruktur sind ein wesentlicher Enabler der Digitalen Transformation, die eben auch die Nutzung des industriellen Metaverse umfasst.

Praktische Beispiele aus Industrie und Logistik liefert Stefan Kindt auf der Veranstaltung Connect2Innovate, die am 22. und 23. November in Würzburg stattfindet. Er wird sowohl Beispiele darlegen, wie Nokia in der eigenen Fertigung davon profitiert, als auch einige Lösungen aufzeigen, die der Hersteller für Kunden entwickelt hat. Das vollständige Veranstaltungsprogramm finden Sie auf der Event-Website https://fuenf-g.de/connect2innovate/.