Das Bosch-Halbleiterwerk in Reutlingen beteiligt sich am internationalen Forschungsprojekt 5G-SMART mit dem Ziel, das Potenzial des neuen Kommunikationsstandards in realen Produktionsumgebungen zu erproben. (Bild: Bosch)

Bosch setzt auf 5G als wichtigen Baustein für die Digitalisierung und Vernetzung in der Produktion und Logistik. Das Unternehmen beginnt jetzt mit Verträglichkeitstests und Kanalmessungen für den Aufbau eines 5G-Netzes im Halbleiterwerk in Reutlingen.

Das von der Europäischen Union geförderte Konsortium 5G-Smart soll den Nutzen von 5G für die intelligente Fertigung der Zukunft demonstrieren und validieren – am besten in realen Fertigungsumgebungen. Daher testen die beteiligten Unternehmen integrierte 5G-Fertigungsanwendungen, wie z.B. digitale Zwillinge, Industrierobotik und auf maschineller Bildverarbeitung basierende Remote-Operationen. Auch soll nach eigenen Aussagen die allererste Bewertung der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV), Kanalmessungen und Koexistenz zwischen öffentlichen und privaten Industrienetzwerken in realen Fertigungsumgebungen vorgenommen werden, um die Integration von 5G zu erleichtern.

Eines der am internationalen Forschungsprojekt beteiligten Unternehmen ist Bosch. Das gemeinsame Ziel lautet, das Potenzial des neuen Kommunikationsstandards in realen Produktionsumgebungen zu erproben, zu demonstrieren und zu bewerten. Im Rahmen von 5G-Smart werden im Bosch-Halbleiterwerk in Reutlingen, am Ericsson-Standort in Kista in Schweden sowie auf dem 5G-Industry Campus Europe des Fraunhofer IPT in Aachen 5G-Anwendungen für die Fertigung getestet.

5G-Netzaufbau im Bosch-Halbleiterwerk in Reutlingen

5G gilt nicht nur bei Bosch als Schlüsselfaktor des digitalen Wandels in den Fabriken: technische Assistenzsysteme halten Einzug, Sensoren senden eine Vielzahl von Daten, der Grad der Vernetzung zwischen Menschen, Maschinen und Anlagen steigt. „Eine schnelle, zuverlässige und sichere Datenübertragung ist Basis für Industrie 4.0. In Kombination mit 5G werden wir die Produktion in den Fabriken weiter steigern und verbessern“, sagt Dr. Michael Bolle, Bosch-Geschäftsführer und CDO/CTO. Im Halbleiterwerk in Reutlingen startet Bosch jetzt zusammen mit Ericsson mit Verträglichkeitstests, die Aufschluss darüber geben sollen, inwieweit 5G die Produktion beeinflusst. „Die Halbleiterfertigung ist äußerst komplex und sensitiv. Über 1000 Tests durchlaufen Wafer, ehe die mikroskopisch kleinen Elemente in unterschiedlichen Produkten zum Einsatz kommen, beispielsweise in Airbags, Smartphones oder E-Bikes.

„Elektromagnetische Wellen können bei der Fertigung Störquellen sein. Wir testen, wie sich 5G auf die Produktion auswirkt“,
Andreas Müller, Bosch-Forscher und Vorsitzender der internationalen Initiative 5G-ACIA (5G Alliance for Connected Industries and Automation)

Zudem werden Kanalmessungen durchgeführt. Sie sollen Erkenntnisse liefern, wie sich eine optimale Netzabdeckung gewährleisten lässt, wo und wie engmaschig beispielsweise Sendeantennen im Werk platziert werden müssen. Auf Basis der Ergebnisse plant Bosch, ein 5G-Testnetz bis Herbst in der Halbleiterfertigung in Reutlingen zu errichten und erste 5G-Anwendungen umzusetzen. Dabei prüfen Ingenieure, inwiefern sich Maschinen und Anlagen anstelle von W-LAN oder einer Verkabelung noch effizienter und besser über 5G realisieren und anbinden lassen. Einsatzfelder sind unter anderem autonome Transportsysteme, die über eine lokale Cloud gesteuert werden oder der Fernzugriff auf Maschinen und die Kommunikation von industriellen Anlagen untereinander.

„Bei Bosch haben wir uns frühzeitig mit 5G in Forschung und Entwicklung beschäftigt und sind überzeugt, dass der neue Mobilfunkstandard für einen Schub bei Industrie 4.0 sorgt.“
Dr. Michael Bolle, Bosch-Geschäftsführer und CDO/CTO

Waferfab in Dresden: Weltweit erste 5G-fähige Halbleiterfabrik von Bosch

Die Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt in Reutlingen lassen sich künftig auch bei den Planungen von 5G-Netzen nutzen, beispielsweise im neuen Halbleiterwerk in Dresden. „Wir bauen in Dresden die weltweit erste 5G-fähige Halbleiterfabrik von Bosch. Von Tag eins an wird das Werk 5G-ready sein“, sagt Bolle. In die neue Waferfab investiert Bosch rund eine Milliarde Euro – die größte Einzelinvestition der Firmengeschichte. Ende 2021 soll die Produktion anlaufen.Die Industrialisierung der innovativen Halbleiter am Standort Dresden wird im Rahmen von „IPCEI Microelectronics“ durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert. Die Mikroelektronik ist Wegbereiter für Industrie 4.0 – und das auf unterschiedlichen Ebenen. Zum einen ist Industrie 4.0 ohne intelligente Sensorik undenkbar, zum anderen zählt die Halbleiterfertigung selbst zu den Vorreitern einer vernetzten Produktion. Sie ist nahezu vollautomatisiert und setzt auf künstliche Intelligenz, um Fertigungsprozesse in Echtzeit zu optimieren.

Hintergrund: EU-Forschungsprojekt ermittelt Bedingungen für 5G in der Fertigung
Beim Projekt 5G-SMART kombiniert ein multidisziplinäres Team, bestehend aus Telekommunikationsunternehmen, Netz- und Fabrikbetreibern, Anlagen- und Maschinenbauern sowie Universitäten, 5G mit Industrie-4.0-Lösungen. Darüber hinaus untersuchen die Projektpartner im Bosch-Halbleiterwerk in Reutlingen die Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV), sie führen Kanalmessungen durch und prüfen, wie sich der Einsatz von 5G in realen Produktionsumgebungen verhält. Zudem sollen neue 5G-Geschäftsmodelle identifiziert werden. Das von der Europäischen Union geförderte Projekt ist auf insgesamt zweieinhalb Jahre angesetzt und endet im November 2021.