Mehrere virtuelle Netzwerke auf einer Infrastruktur: Das sogenannte Network Slicing ist eine elementare Funktion für 5G in der Industrie (Bild: ZVEI)

Ericsson und die Deutsche Telekom haben gemeinsam eine Steuerungsschnittstelle entwickelt, mit der sich eine der Kernfunktionen von 5G dynamisch steuern lässt. Diese soll nun in kommerziellen 5G-SA-Netzwerken zum Einsatz kommen.

Network Slicing ermöglicht es, auf einer physischen 5G-Netzwerk-Infrastruktur mehrere virtuelle, völlig voneinander getrennte Netzwerke mit unterschiedlichen Eigenschaften – Dienstmerkmalen und Qualitätsparameter – nebeneinander zu betreiben. Zum Beispiel ein Netzwerk für zeitkritische Steuerungsaufgaben neben einem Netzwerk, das zeitunkritische Sensordaten überträgt. Oder ein nach außen abgeschottetes Netzwerk für die komplette Fabrikautomation und ein zweites Netzwerk, das dem Maschinenbauer Remote-Services von außen ermöglicht, das aber nur auf vorab definierte Maschinendaten Zugriff bekommt.

Im Bonner Labor der Deutschen Telekom haben der Mobilfunkprovider und der Ausrüster Ericsson nun einen neuen Anwendungsfall getestet, bei dem die virtuellen Netzwerke wechselnden Anforderungen unterliegen. Den Use Case liefert eine Video-Produktion, die mit mehreren Kameras arbeitet. Alle Video-Streams werden jeweils in eigenen Network-Slices übertragen, zunächst in einer niedrigen Auflösung mit geringer Bandbreite. Der Regisseur kann jeweils einen Stream herausgreifen, der dann auf hochauflösende Übertragung umgeschaltet wird. Zugleich werden auch die Netzwerk-Parameter automatisch angepasst. In diesem Fall wird auf Anforderung der Anwendung die Quality of Service (QoS) automatisch erhöht, sodass immer genügend Bandbreite zur Verfügung steht und es nicht zu Bildaussetzern kommt.

Quelle: Ericsson

„5G Network Slicing ermöglicht die einfache Einrichtung von softwaredefinierten virtuellen 5G-Netz-Slices mit spezifischen Eigenschaften. So werden völlig neue digitale Services denkbar. Mit Hilfe der standardisierten Schnittstelle können Kunden das Verhalten der Slices überwachen und anpassen.“

Erik Ekudden, Group CTO bei Ericsson

 

Der Ericsson-Manager kündigte an, dass man weiterhin bei dem Thema eng mit der Deutschen Telekom zusammenarbeiten werde. Gemeinsam wolle man die Vorteile von Network Slicing, Exposure und Automatisierung zur Marktreife weiterentwickeln.

Network-Exposure-Funktionen im Zentrum

Die technische Basis für diese Anwendung liefern Network Exposure Functions (NEF). Diese spezielle Steuerungsschnittstellen-Funktionen erlauben die Steuerung und Anpassung von Network-Slices für spezifische Anforderungen an das Netz. In 5G-Netzwerken bieten NEF die Möglichkeit, Netzkapazitäten und Netz-APIs (Application Programmer Interfaces) in spezielle Service-APIs umzuwandeln, die auf den Anwendungsfall und seine spezifischen Anforderungen zugeschnitten sind. Über diese Service-APIs können dann bestimmte Netzwerkfunktionen innerhalb eines Netzwerk-Slice verfügbar gemacht werden.

Ericsson realisierte eine vollautomatische Konfiguration, Bereitstellung und Ende-zu-Ende-Orchestrierung des Slicing-Dienstes für Geschäftskunden in einem kommerziellen 5G SA-Netzwerk. Die neu entwickelte Schnittstelle ermöglich damit eine dynamische Anpassung der Dienstqualität an die Leistungsanforderungen der Anwendung. Künftig will die Deutsche Telekom ihre Angebote für 5G-Stand-Alone-Netzwerke (5G SA) erweitern, sodass sie den Anforderungen der Anwender nach flexiblen Einsatzszenarien gewachsen sind.

Quelle: Deutsche Telekom

Quelle: Deutsche Telekom

„Die Integration der standardisierten Schnittstelle zusammen mit Network Slicing ist die technische Grundlage für zukünftige innovative 5G-Service-Angebote. Gemeinsam mit Partnern wie Ericsson werden wir das Potenzial von 5G Standalone weiterentwickeln. Wir werden ein flexibles, plattformbasiertes Ökosystem mit kundenorientierten Network-as-a-Service-Modellen aufbauen.“

Alex Choi, SVP Technology Strategy & Innovation, Deutsche Telekom

 

Auf BSS aufgesetzt

„Standardisierte Network-Exposure-APIs bieten Mechanismen, die es autorisierten Anwendungen von Drittanbietern ermöglichen, das Verhalten solcher ‚Slices‘ innerhalb der Grenzen ihrer abonnierten Dienste zu überwachen und anzupassen“, erläutert Ericsson-CTO Ekudden. In der Versuchsanordnung setzte man auf Business Support Systeme (BSS) als „autorisierte Anwendungen“. So konnten Slice-Konfiguration und Überwachungsfunktionen in deren Portale integriert werden. Auch die automatisierte Slice-Erstellung und -Terminierung mit flexibler Servicekonfiguration zur Unterstützung von B2B- und B2B2X-Modellen war durch den katalog-/modellgesteuerten BSS-Ansatz möglich.

Laut der Kooperationspartner werde dadurch ein durchgängiges Kundenerlebnis rund um Network Slicing sichergestellt. Dies sei die Voraussetzung, um Innovationen und Anwendungen im 5G-Netz schnell und effizient umsetzen zu können, sind sich Deutsche Telekom und Ericsson einig.