Der Debattenbeitrag „5G in der Industrie“ von Acatech Impuls zeigt unter anderem mögliche weitere Schritte zur umfassenden Implementierung von 5G in der Industrie auf. (Bild: Deutsche Akademie der Technikwissenschaften)

Viele kleine und mittelständische Industrieunternehmen zögern noch, den Mobilfunkstandard 5G in den eigenen Betrieben einzusetzen. Zu hoch sind die antizipierten Kosten, zu wenig bekannt der individuelle Nutzen. Zu diesem Fazit kommt eine Projektgruppe um Acatech-Mitglied Jürgen Fleischer vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Im Debattenpapier Acatech Impuls „5G in der Industrie“ geben die Experten 5G-Handlungsoptionen für Wissenschaft, Wirtschaft und Politik.

Der neue Mobilfunkstandard der fünften Generation ist für viele die Enabling-Technologie für Industrie 4.0. So funktioniert beispielsweise die Analyse der Echtzeit-Arbeitssituation eines Industrie-Roboters aus der Ferne am besten mit Hilfe einer Virtual-Reality-Anwendung – in ausreichender Qualität ist diese jedoch nur mit 5G technisch realisierbar.

Darüber hinaus vereinfacht 5G die Vernetzung von Geräten und Maschinen und damit die Erfassung von Daten und ihre Auswertung mithilfe von Künstlicher Intelligenz.

„5G zeichnet sich durch bisher nicht bekannte Reaktionszeiten, übertragbare Datenmengen und hochgenaue Lokalisierung aus. Diese Vorteile sind heute unzureichend transparent, so dass Industrieunternehmen nicht in der Lage sind, entsprechende Use Cases zu entwickeln und diese auch finanziell zu bewerten. Deshalb muss das Ziel sein, 5G-Anbieter und industrielle Anwendungsdomänen gezielt zusammenzubringen, um dieses enorme Potenzial heben zu können“
Acatech-Mitglied Jürgen Fleischer, Leiter des Instituts für Produktionstechnik (wbk) am KIT

Um eine „5G-Lawine“ loszutreten und die breite Einführung der nutzenbringenden Technologie zu fördern, fordert die Acatech-Projektgruppe daher zusammen mit Unternehmen (Leuchtturm-)Anwendungsbeispiele zu entwickeln. So soll der konkrete Nutzen von 5G in der Produktion – gerade für KMU – praxisnah aufgezeigt werden.

Mehr digitale Souveränität

5G stellt einen elementaren Teil der Kommunikationsinfrastruktur dar – nicht nur mit Blick auf die Industrie in Deutschland. Auf der Technologie können vielfältige Geschäftsmodelle aufbauen, zum Beispiel im Bereich Platform-as-a-Service oder bei der Entwicklung von Software zur Auswertung großer Datenmengen. Die Komponenten für die 5G-Infrastruktur stammen aktuell allerdings von nur einigen wenigen Herstellern: Die drei größten Hardwareproduzenten Huawei, Ericsson und Nokia besitzen einen Marktanteil von über 75 Prozent.

Damit verbindet die Acatech-Projektgruppe mit der Einführung von 5G auch zwangsläufig Fragen nach der digitalen Souveränität Deutschlands und Europas. Um nicht in zu große Abhängigkeit von einigen wenigen Anbietern zu geraten, könnte die Einrichtung einer standardisierten und offenen Netzarchitektur sinnvoll sein: Mit ihrer Hilfe wäre die vertikale Kompatibilität zwischen verschiedenen Hardwareherstellern möglich, was auch die Sicherheit der Zugangsnetze erhöht.

Politischer Fokus gefragt

Vor diesem Hintergrund müsse auch die Politik das Thema 5G höher auf die Agenda setzen, fordert Fleischer. Ihre Aufgabe sei es, einen möglichst breiten Zugang zur Technologie sowie einen souveränen Umgang damit zu ermöglichen, schreiben die Autoren des Papiers „5G in der Industrie“. Dieser Debattenbeitrag ist Ergebnis eines Acatech-Projekts unter Leitung von Jürgen Fleischer und Albert Albers (beide Karlsruher Institut für Technologie), Reiner Anderl (Technische Universität Darmstadt) und Jan Aurich (Technische Universität Kaiserslautern) und beschreibt Potenziale von 5G sowie mögliche Hemmnisse für die Implementierung der Technologie. Darauf aufbauend werden 5G-Handlungsoptionen für Wissenschaft, Wirtschaft und Politik abgeleitet. Um einen umfassenden Überblick zum Stand der Umsetzung von 5G in Produktentwicklung und Produktion in Deutschland zu erhalten, wurden im Rahmen des Projekts Expertinnen und Experten aus verschiedenen Wirtschaftszweigen befragt.

Hier laden Sie das Debattenpapier Acatech Impuls „5G in der Industrie – Wege in die Technologieführerschaft in Produktentwicklung und Produktion“.