Unwetter, Kriege, Seuchen – 5G hilft die Resilienz und Flexibilität von Unternehmensnetzen zu verbessern. (Bild: Frank Cone / Pexels)

Neben Bandbreite, Qualitätsmanagement und Cybersicherheit rückte in den vergangenen Jahren die Resilienz von Unternehmensnetzen zunehmend in den Blick – vorrangig dann, wenn es zu schwerwiegenden Ausfällen kam. Die steigende Verbreitung von 5G auch in der Fläche eröffnet im Zusammenspiel mit aktuellen Netzwerktechnologien neue Optionen, die laut IDC bereits in wenigen Jahren erheblichen Zulauf erleben.

Nachdem 5G zunächst vor allem in Ballungsgebieten angeboten wurde, wo mit überschaubaren Investitionen große Teilnehmerzahlen erreicht werden konnten, schreitet nun auch der Ausbau in der Fläche schnell voran.

Telekom und Vodafone

Die Deutsche Telekom meldet inzwischen bundesweit mehr als 100.000 Mobilfunkantennen insgesamt, verteilt auf über 32.000 Standorte. Die große Mehrzahl funkt bereits 5G, häufig allerdings noch per DSS (Dynamic Spektrum Sharing), das 5G Non-Standalone (NSA) in Kombination mit LTE ermöglicht. Auf diese Weise werden inzwischen laut Telekom 91 Prozent der Bevölkerung mit 5G erreicht.

Vodafone hat in Deutschland inzwischen mehr als 18.000 5G-Antennen in Betrieb, die rund 45 Millionen Menschen abdecken. Allerdings verfolgt der Mobilfunkbetreiber eine etwas andere Strategie und fokussiert sehr stark auf das Thema 5G SA, das Vodafone unter dem Namen „5G+“ als „Echtzeit-Netz“ vermarktet – nicht zu verwechseln mit dem nächsten 5G-Release „5G Advanced“. Für 5G+ gibt Vodafone eine Abdeckung von 10 Millionen Einwohnern an, die über 4.000 Antennen erreicht werden.

Telefónica und 1&1

Telefónica mit seiner Mobilfunkmarke O2 hat im April ebenfalls einen wichtigen Meilenstein erreicht: Alleine die Zahl der 5G-Antennen hat die Marke von 10.000 Stück überschritten. Die Hälfte davon funkt auf 3,6 GHz. Sowohl auf dieser Frequenz wie im 700-MHz-Band bietet Telefónica 5G Standalone (5G SA), während auf den Frequenzen bei 1.800 MHz ebenfalls das Frequenzsharing DSS gemeinsam mit LTE geboten wird. Nach eigenen Angaben kann rund jeder Dritte Deutsche 5G im O2-Netz empfangen, In Großstädten liegt die Quote deutlich höher, zum Teil bei über 80 Prozent.

Der vierte im Bunde, 1&1, hat bislang noch kein eigenes 5G-Netz gestartet. Zunächst sollen bis Jahresende rund 1.000 Basis-Stationen entstehen, die FWA-Empfang (Fixed Wireless Access) ermöglichen – die kabellose Alternative zum DSL-Anschluss. Erst Mitte 2023 soll dann das Mobilfunknetz von 1&1 live geschaltet werden. Laut der Auflagen aus der Frequenzauktion muss der Anbieter bis Ende 2025 mindestens 25 Prozent der Haushalte mit 5G versorgen.

Unternehmen „entnetzen“ ihre Infrastruktur

Die zunehmende Verfügbarkeit von bandbreitenstarken und latenzarmen Mobilfunk-Verbindungen wird nicht nur lokale Anwendungen in der Industrie befördern, sondern nach Ansicht der Analysten von IDC auch die Struktur von Unternehmensnetzen verändern. In seiner Analyse „The Future of Connectedness“ gibt das Marktforschungsunternehmen an, dass bereits 2024, also in gut zwei Jahren, im Bereich der Wide Area Networks (WAN) das Prinzip „Wireless First“ zum Mainstream werden wird. IDC rechnet damit, dass 65 Prozent der WAN-Investitionen von Unternehmen, Industriebetrieben und der öffentlichen Hand in Mobilfunk-Verbindungen gesteckt werden, also vornehmlich in 5G-Technologien.

Treiber dieses Trends sind unter anderem immer wieder auftretende Konnektivitätsprobleme. Auch wenn voneinander unabhängige – kabelgebundene – Netzverbindungen installiert werden, zeige sich immer wieder, dass dies nicht ausreicht. Häufig treten die Probleme auf „der letzten Meile“ auf und betreffen dann eben alle Verbindungen gleichermaßen, etwa wenn bei Überschwemmungen Straßen und die darunter liegende Versorgungsinfrastruktur weggerissen werden. Um die Resilienz der Unternehmensanbindung zu verbessern, setzten die Verantwortlichen deshalb zunehmend auf kabellose Alternativen.

5G meets NaaS

Neben dem Ausbau entsprechend leistungsfähiger Mobilfunknetze wird diese Strategie noch durch einen weiteren Technologietrend getragen: den zunehmenden Einsatz von virtuellen Netzwerken, die IDC unter „Network as a Service“ (NaaS) zusammenfasst. Laut Prognose der Analysten werden bis 2025 rund 60 Prozent der mittleren bis großen Unternehmen (NaaS) einführen, um betriebliche Agilität, Serviceanpassung und flexible Nutzungsmodelle zu ermöglichen, die komplexe Netzwerk- und Multi-Cloud-Umgebungen unterstützen.

Zu NaaS zählen drei unterschiedliche Netzwerk-Strategien: SD-WAN (Software-defined Wide Area Networks), die mit einer eigenen, virtuellen Netzwerkschicht arbeiten. Dann Secure Access Service Edge (SASE), eine Netzwerktechnologie, die auf vorhandene IT-Security-Infrastruktur aufsetzt. Und nicht zuletzt Universal CPE (uCPE), basierend auf generischer Netzwerkhardware, in die nur die jeweils benötigten Funktionen geladen werden.

„Edge“ wird neu definiert

Einer der Treiber von 5G in industriellen Produktionsumgebungen ist Edge-Computing – also der Betrieb von leistungsstarken Servern am Rande der Fertigung, wo Big-Data- und KI-Anwendungen beispielsweise für die Steuerung von Maschinen oder zur Überwachung der Produktqualität zum Einsatz kommen können.

Inzwischen zeigt sich aber, dass auch die Unternehmensnetzwerke immer weiter ausfransen und der „Netzwerkrand“ zunehmend in den Fokus rückt. Nicht nur wegen der immer weiter steigenden Mobilität, sondern auch weil Standorte plötzlich ausfallen. Sei es durch Verlagerung der Arbeiten vom Büro ins Home-Office, wie zu Beginn der Corona-Pandemie. Oder durch die Auswirkungen von Unwettern, die zum Ausfall von Standorten oder der Netzinfrastruktur führen, etwa wegen Überschwemmungen, oder wenn Dürre und Hitze Stromausfälle bewirken, weil Waldbrände die Leitungen unterbrechen, Kraftwerke wegen Kühlwassermangel abgeschaltet werden oder die Netze schlicht wegen der Überlastung durch Klima-Aggregate kollabieren.

Nicht zuletzt hat auch der Überfall Russlands auf die Ukraine dazu geführt, dass Unternehmensstandorte unversehens verlagert werden mussten. So zogen Ukrainische Näherinnen nach Frankreich um, ukrainische IT-Dienstleister nahmen nach kurzer Zeit ihre Arbeit in Polen oder Rumänien auf. Und ihre russischen Kollegen, die vor drohendem Militärdienst und Internet-Sperren geflohen waren, arbeiten nun von Georgien und Kasachstan aus.

Mit virtualisierten Netzwerken und kabellosen, bandbreitenstarken Mobilfunkverbindungen lassen sich die Auswirkungen von plötzlichen Störungen minimieren. Insofern sind nicht nur Anwendungen in der Industrie, sondern auch Office-Worker zunehmend Teil des „Edge-Computings“, das durch die zunehmende Verbreitung von 5G-Netzen erst ermöglicht wird.