Das Deutsche Institut für Luft- und Raumfahrt in Braunschweig hat im Frühsommer die Ergebnisse seiner Reallabore präsentiert. Hier konnten die Experten ihre 5G-Anwendungen in verschiedenen Projekten für die regionale und städtische Entwicklung testen. In diesem Listicle stellt FUENF-G alle sechs E-Health-Projekte mit ihren jeweiligen Zielen und Ergebnissen vor.

Autorin: Shristi Mangal Pal

Lang bevor sich die Industrie mit dem Thema 5G beschäftig hat, haben viele Forschungseinrichtungen intensiv an 5G gearbeitet. Ob RWTH Aachen oder Fraunhofer-Gesellschaft, von Hamburg bis Ostbayern stecken Hochschulen, innovative Unternehmen une Einrichtungen hunderte von Stunden in Forschungsprojekte. Dabei soll herausgearbeitet werden, in welchen Anwendungen der Einsatz von 5G die Produktivität und Leistung steigert.

Mehr Digitalisierung im Gesundheitswesen gefragt

Die Medizinbranche ist laut DLR einer der am wenigsten digitalisierten Bereiche in Deutschland. Im Zuge des demografischen Wandels gilt es, auch im ländlichen Raum eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung für die Zukunft sicherzustellen. Daher halten die Organisatoren des Reallabores es für notwendig, Prozesse zu digitalisieren und entsprechende Infrastrukturen im Gesundheitswesen aufzubauen. Wie in den folgenden Use-Cases zu sehen ist, könnte 5G hier tatsächlich ein Hebel sein.

5G-Reallabor in der Mobilitätsregion Braunschweig-Wolfsburg

Ein solches Forschungsprojekt ist das 5G-Reallabor. Es wird von der Bundesregierung gefördert, um die Anwendungen der 5G-Technologie in Regionen und Städten zu erforschen. Unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMDV) zielt das Projekt darauf ab, Deutschland als Markt für 5G-Anwendungen zu öffnen.

 

Bildergalerie der Vorstellung der Reallaborergebnisse. (Copyright: DLR)

Aufbau des 5G-Reallabors

Im Fall des DLR besteht das Reallabor aus zwei Modulen bzw. Regionen, nämlich Braunschweig und Wolfsburg. In Braunschweig liegt der Schwerpunkt auf Forschung und Transformation, in Wolfsburg auf Anwendung und Betrieb. Insgesamt werden zwölf Teilprojekte in den Bereichen Mobilität, E-Health und Smart Construction erprobt. Die Ergebnisse sollen in bestehende Plattformen wie Application Platform for Intelligent Mobility (AIM), Testfeld Niedersachsen oder #WolfsburgDigital integriert werden, um die Skalierbarkeit und Umsetzung in der Praxis zu erleichtern.

E-Health & 5G-Anwendungsfälle

Nehmen wir die einzelnen Anwendungsbereiche einmal genauer unter die Lupe. Bisherige Forschung zeigt, dass die 5G-Technologie in der Gesundheitsbranche eine schnellere und zuverlässigere Datenübertragung ermöglicht. Dies wiederum erleichtert die Telemedizin und die Fernüberwachung von Patienten. Ärzte und medizinisches Personal können so in Echtzeit auf wichtige Informationen zugreifen, welches die Patientenversorgung und -diagnose verbessern könnte. Daher befasst sich diese Auflistung mit den 5G-Anwendungen im Bereich E-Health, die bei der 5G-Reallabor-Posterpräsentation vorgestellt wurden.

1. 5G-Telerettung

Aktuell erfolgt diese Konsultation über eine Übertragungseinheit, die den LTE-Mobilfunkstandard nutzt. (Bild DLR, Timm Bourry)

Ziel des Verbundprojektes ist es, die Möglichkeiten der Diagnostik und ggf. Therapie im Rahmen des Einsatzspektrums des Telenotarztes (TNA) auf Basis der Potenziale, die der 5G-Mobilfunkstandard bietet, deutlich zu erweitern.

Aufgrund des demografischen Wandels, der Spezialisierung der Krankenhäuser und des Wegfalls von Notärzten in bestimmten Gebieten ist die präklinische Versorgung von Notfällen zunehmend unter Druck geraten. Dank des Telenotarztsystems, das 2021 im Kreis Borken eingeführt wurde, können sich die Rettungskräfte vor Ort daher über eine LTE-Übertragungseinheit direkt mit einem Notarzt abstimmen. Dieses System soll um die Einbindung medizinischer Geräte zur Beatmung und Reanimation sowie um die Anleitung von Rettungskräften über Smart Glasses erweitert werden.

Im Rahmen dieses Projekts soll die Technologie in einer dualen Entwicklungsumgebung getestet werden. Diese soll aus einem 5G-Campusnetz und einem Reallabor an der Westfälischen Hochschule in Bocholt bestehen. Das Campusnetz ist das erste seiner Art im Westmünsterland und soll künftig für weitere Forschungsprojekte, zum Beispiel aus der regionalen Wirtschaft, zur Verfügung stehen.

    Mehr Information über das Projekt finden Sie hier.

2. Smart Forest 5G Clinics

Im Falle eines Sturzes soll das zuständige Pflegepersonal umgehend benachrichtigt werden. (Bild DLR, Timm Bourry)

Das Projekt „Smart Forest“ erprobt die Möglichkeiten und aktuellen Einschränkungen des Mobilfunks der fünften Generation in Krankenhäusern.  

Das Gesundheitswesen braucht mehr Unterstützung bei routinemäßigen, zeitintensiven und kritischen Prozessen. Denn dies gewährleistet die Patientensicherheit und schützt das Personal vor Überlastung und Infektionsrisiken.

Die Einführung des 5G-Mobilfunkstandards eröffnet an dieser Stelle neue Lösungsmöglichkeiten, die der gesamten Bevölkerung in den betroffenen Landkreisen durch eine nachhaltige Verbesserung der Gesundheitsversorgung zugutekommen könnte.

Dazu wurde je ein Krankenhaus aus dem Landkreis Viechtach mit der 5G-Technologie ausgestattet: die Arberlandklinik Viechtach und die Klinik am Goldenen Steig Freyung. Hier hat das Team die Use-Cases angepasst, um die Übertragbarkeit der Ergebnisse zu testen.

Lesen Sie mehr über die Methoden und Ergebnisse des Projektes hier.

 

3. Rettungsnetz 5G

Von Phase 1 bis 3 sollte das Ganze 2-3 Stunden dauern. (Bild DLR, Timm Bourry)

Das Projekt „Rettungsnetz 5G“ dient der Erschließung des Potenzials und dem stufenweisen Einsatz des neuen Mobilfunkstandards und mehrerer damit verbundener Technologien. Sie sollen zusammen eine mobile Diagnostik und einen weitaus schnelleren Therapiebeginn im Notfall ermöglichen.

Phase 1: Zur Beginn hat das Team eine 5G-basierte mobile Video- und Dateneinheit für die frühzeitige Schlaganfalldiagnostik im Rettungstransport eingerichtet. Spezialisten aus einer Zielklinik können informiert und hinzugezogen werden, und eine KI-basierte Plattform verarbeitet die Daten, um die Weiterversorgung des Patienten zu beschleunigen und die Überlebenschancen zu erhöhen.

Phase 2: Danach wurde ein mobiler Schädel-CT in einem Rettungswagen installiert, um die Diagnostik und Therapieeinleitung bei Schlaganfällen zu beschleunigen. Mithilfe von 5G können die CT-Daten in Echtzeit übertragen und ausgewertet werden, sodass die Therapie am Einsatzort beginnen kann, wodurch lebenswichtige Zeit gewonnen wird.

Phase 3: In der letzten Phase wurde die Möglichkeit des Einsatzes ferngesteuerter 5G-Eingriffsroboter untersucht. Sie bieten ein besonderes Potenzial für die Behandlung von Notfällen wie akuten Schlaganfällen.

                                                                                              Für mehr Informationen über das Projekt klicken Sie bitte hier.

4. Automatisierung und Robotik

5G-Anwendungen im Gesundheitswesen müssen grundlegende Anforderungen wie Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit und Sicherheit für eine schnelle und großvolumige Datenübertragung erfüllen. (Bild DLR, Timm Bourry)

Ziel des Projektes „5G-4-Healthcare“ ist es, die Gesundheitsversorgung mithilfe der 5G-Technologie zu verbessern.

In ausgewählten Use Cases und Schwerpunktthemen (Healthcare Logistik, integrierte Versorgung, etc.) wurde der Einsatz der 5G-Technologie konzipiert, modellhaft implementiert und evaluiert.

Kern dieses Projektes ist eine intensive Auseinandersetzung mit den Potenzialen von Automatisierung und Robotik im Gesundheitswesen. Es wird untersucht, in welchen Anwendungsfällen die größten wirtschaftlichen Effekte erzielt und Pflegekräfte entlastet werden können.

Durch ein modulares Methoden-Set werden die Projektziele von 5G-4-Healthcare realisiert und auf die Arbeitspakete im Projektverlauf verteilt. Neben der Gesamtprojektleitung existieren Teilprojekte für das Testbed am Gesundheits- und Medizintechnik Campus der OTH Amberg-Weiden sowie für das Living Lab am Klinikum Weiden und ein mobiles Living Lab.

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5. Rettungskette 5G

Durch eine Anbindung an Notaufnahmesoftware können Patientenströme in Echtzeit gesteuert und in die am besten geeignete Klinik geleitet werden. (Bild DLR, Timm Bourry)

Im Projekt „Rettungskette 5G“ werden Technologien wie Augmented Reality, Cloud-Computing, Künstliche Intelligenz und Mobile Robotics für die Notfallversorgung entwickelt, erprobt und deren Machbarkeit unter Realbedingungen demonstriert.

Das Projekt zielt darauf ab, die Notfallversorgung durch den Einsatz des 5G-Mobilfunkstandards zu vernetzen und zu untersuchen. Es hebt sich durch die regionsübergreifende Transferierbarkeit der Lösungen und die ganzheitliche Betrachtung der Rettungskette hervor.

Technologische Grenzen des 4G-Mobilfunks werden identifiziert, und es werden Maßnahmen wie autonome Rettungsdrohnen und ein Gerät zur Überwachung der Herzdruckmassage entwickelt, um die Verfügbarkeit von Defibrillatoren im ländlichen Raum zu verbessern und die Qualität der Ersthilfe zu erhöhen.

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6. Rettungsdienst Kreis-Coesfeld

Ende 2024 sollen alle Tests dann abgeschlossen sein. Dann entscheidet sich anhand der Ergebnisse, ob die 5G-Technik dauerhaft im Rettungsdienst zum Einsatz kommt. (Bild DLR, Timm Bourry)

 

Ziel dieses Projektes ist es, dass Rettungssanitäter bereits auf dem Weg zum Einsatzort dem zuständigen Notarzt ein erstes Lagebild vermitteln. Das soll die medizinische Hilfe deutlich verbessern.

„Superschnell sind die Coesfelder Rettungssanitäter mit der 5G-Technik im Internet unterwegs. Und das will der Rettungsdienst des Kreises nutzen, um die Hilfe im Ernstfall zu verbessern,“ berichtet Radio Kiepenkerl.

Der Notarzt soll in Zukunft bereits während der Anfahrt zu einem Einsatz mittels einer VR-Brille audiovisuellen Kontakt zu den Notfallsanitätern erhalten, die bereits vor Ort sind. Dadurch kann er bereits frühzeitig Anweisungen geben, nachdem er sich ein erstes Bild von der Situation des Patienten gemacht hat.

Kreisdirektor Dr. Tepe betont: Das ist eine große Chance, die zunehmende Digitalisierung auch in diesem Bereich sinnvoll zu nutzen. Damit tragen wir zu einer noch höheren Versorgungssicherheit der Bevölkerung bei.

Anfang des kommenden Jahres ist vorgesehen den ersten Rettungswagen an der Wache in Coesfeld und einen Notarzt mit dem neuen System auszustatten.

Mehr Informationen zum Projekt finden Sie hier.

 

Konsortium und Zeitrahmen

Das Konsortium besteht aus dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), dem Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (FHIIS), dem Institut für Automation und Kommunikation (ifak), der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) und der Technischen Universität Braunschweig (TUBS). Mit einem Finanzierungsvolumen von etwa 12 Millionen Euro wurde das Projekt am 5. Dezember 2019 gestartet und wird bis zum 30. Juni 2023 laufen.