Beamforming muss auch bei der Immissionsbestimmung in angemessener Weise berücksichtigt werden. (Bildquelle: Pixabay)

Mit 5G halten einige wesentliche technische Neuerungen Einzug in die Mobilfunkbranche, wie beispielsweise das Beamforming. Es hilft wertvolle Frequenzressourcen der Mobilfunkzelle effizienter zu nutzen. Aber auch aus Sicht des Immissionsschutzes ist dieser Ansatz von Interesse. Daher wurde die spezielle Ausrichtung der Sendestrahlung von Wissenschaftlern des Instituts für Hochfrequenztechnik in Aachen unter die Lupe genommen.

Autoren: Thomas Kopacz, Sascha Schießl, Anna-Malin Schiffarth, Dirk Heberling, IHF – Institut für Hochfrequenztechnik, Aachen

Der erste Teil des Beitrages zeigte die Hintergründe und die Funtkionsweise des Beamformings auf. Nachfolgend wird gezeigt, wie die Vorgehensweise bei der Durchführung von Immissionsmessungen aussieht und welche neue Komplexität entsteht:

In der 26. BImSchV sind Grenzwerte sowohl für die elektrische als auch die magnetische Feldstärke definiert. Es ist sicherzustellen, dass beide Feldstärkegrenzwerte eingehalten werden. In der Praxis genügt es meist lediglich einen Feldstärkewert zu bestimmen, da sich elektrische und magnetische Feldstärke ab einem gewissen Abstand zur Sendeantenne – im sogenannten Fernfeld – ineinander umrechnen lassen.

Der Abstand, ab dem das Fernfeld beginnt, hängt unter anderem von der Betriebsfrequenz der Sendeantenne sowie von ihren Abmessungen ab. In öffentlich zugänglichen Bereichen rund um Basisstationen ist der Abstand in der Regel so hoch, dass es genügt eine Feldstärkekomponente zu erfassen. Bei den im Mobilfunk verwendeten hochfrequenten elektromagnetischen Feldern wird die elektrische Feldstärke bestimmt, da sie in diesem Frequenzbereich einfacher zu messen ist.

Portable Spektrumanalysatoren

Immissionsmessungen zur Bestimmung der elektrischen Feldstärke werden üblicherweise mithilfe von portablen Spektrumanalysatoren durchgeführt. Spektrumanalysatoren messen die Immission in einem bestimmten Anteil des Signalspektrums. Im Bereich der Immissionsmesstechnik findet das Messgerät SRM‑3006 von Narda Safety Test Solutions weite Verbreitung.

Bei 5G kann hiermit die Immission innerhalb der Frequenzbandbreite des SSB gemessen werden. Mit diesen sogenannten frequenzselektiven Messungen wird also die zur Messzeit vorherrschende Immission in einem bestimmen Frequenzbereich bestimmt. Für die Hochrechnung zur Bestimmung der maximal möglichen Immission wird bei 5G die Immission des SSB bestimmt und basierend darauf die Hochrechnung durchgeführt.

Prinzipiell kann die Lage des SSB im Frequenzspektrum mithilfe von frequenzselektiven Messungen bestimmt und dessen Immission gemessen werden. Der SSB belegt jedoch nur zu bestimmten Zeitpunkten das Frequenzspektrum, zu einem Großteil der Zeit kann es vom Verkehr belegt sein. Durch eine konventionelle frequenzselektive Messung wird daher möglicherweise die Immission des Verkehrs anstatt der des SSB bestimmt.

Messung unabhängig vom Zeitpunkt

Aus diesem Grund gibt es im Bereich der Messtechnik die Möglichkeit zur Durchführung sogenannter codeselektiver Messungen. Damit lassen sich die für die Immissionshochrechnung relevanten Signalisierungsanteile dekodieren und lediglich ihre Immissionsanteile bestimmen. Bei 5G wird hierbei ein Teil des SSB dekodiert (Secondary Synchronization Signal, SSS). Die codeselektive Messung hat den großen Vorteil, dass sie zum einen unabhängig von der zum Messzeitpunkt vorherrschenden Verkehrslast in der Zelle ist und zum anderen nach den Immissionsanteilen verschiedener am Messpunkt empfangbarer Mobilfunkzellen unterscheiden kann.

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In der Regel erreichen die elektromagnetischen Felder den Immissionsort nicht nur über den direkten Pfad, sondern zusätzlich über mehrere unterschiedliche Pfade aufgrund von Reflexionen an Gebäuden, Boden sowie anderen reflektierenden Flächen. Diese Mehrwegeausbreitung führt zu einer Überlagerung der aus unterschiedlichen Richtungen eintreffenden elektromagnetischen Felder am Immissionsort, wodurch es innerhalb von kleinen Abständen zu konstruktiven und destruktiven Überlagerungen der Felder kommt. In der Folge treten räumlich gesehen hohe Schwankungen der Immission auf.

Da in der 26. BImSchV gefordert wird, dass Messungen der Immission am Einwirkungsort mit der stärksten Immission durchzuführen und die Grenzwerte auf Basis der maximal gemessenen Werte einzuhalten sind, muss bei der Messung also zusätzlich das räumliche Maximum bestimmt werden. Dies lässt sich beispielsweise mithilfe der Punktrastermethode bewerkstelligen, bei der die Immission an mehreren festen Messpunkten im Raum gemessen wird. Eine andere Methode zur Erfassung des räumlichen Maximums ist die sogenannte Schwenkmethode, bei der die Messantenne langsam durch den Raum geschwenkt wird und mithilfe des Messgeräts das auftretende Maximum festgehalten wird. Die Schwenkmethode lässt sich gegenüber der Punktrastermethode in deutlich kürzerer Zeit durchführen, liefert aber die gleiche Genauigkeit. Basierend auf der räumlich maximalen Immission des Signalisierungssignals (des SSB bei 5G) erfolgt im Anschluss, wie im vorhergehenden Textteil bereits erläutert, eine Hochrechnung auf höchste betriebliche Anlagenauslastung.

Erhöhte Komplexität durch Beamforming

Bei den Vorgängermobilfunkgenerationen 2G, 3G und 4G sowie bei 5G im 2-GHz-Band werden das Signalisierungssignal, das als Basis für die Hochrechnung verwendet wird, und der eigentliche Verkehr, der für die Maximalimmission sorgt, mit demselben Abstrahlverhalten der Antenne ausgesendet.

Im Frequenzband zwischen 3,4 GHz und 3,7 GHz können maximal acht SSB Beams sequenziell abgestrahlt werden.

Im Frequenzband zwischen 3,4 GHz und 3,7 GHz können maximal acht SSB Beams sequenziell abgestrahlt werden.

Für den Fall, dass Massive-MIMO-Antennen verwendet werden, werden Signalisierung und Verkehr jedoch unterschiedlich abgestrahlt. Für die Signalisierung (SSB) werden SSB Beams und für den Verkehr Traffic Beams verwendet. Im Frequenzband zwischen 3,4 GHz und 3,7 GHz können maximal acht SSB Beams sequenziell abgestrahlt werden. Jeder SSB Beam deckt dabei einen unterschiedlichen Bereich der Mobilfunkzelle ab. Durch die unterschiedlichen Ausrichtungen ergibt sich eine Einhüllende der SSB Beams wie im folgenden Bild in Blau dargestellt:

Einhüllende der SSB Beams

Einhüllende der SSB und Traffic Beams

Im Gegensatz dazu können die Traffic Beams mit einer deutlich feineren Winkelauflösung ausgerichtet werden. Daraus ergibt sich eine Einhüllende, die glatter ist und einen größeren Winkelbereich umfasst (orange).

Das unterschiedliche Abstrahlverhalten von SSB und Traffic Beams hat weitreichende Folgen für die Bestimmung der Maximalimmission bei Verwendung von Massive-MIMO-Antennen. Beim Hochrechnungsverfahren muss nun zusätzlich der Gewinnunterschied zwischen Traffic und SSB Beams berücksichtigt werden, weil diese unterschiedlich stark gebündelt und ausgerichtet werden können. Da dieser Unterschied aufgrund der verschiedenen Beam-Ausrichtungsmöglichkeiten in hohem Maße davon abhängt, in welchem Winkel der Immissionsort zur Basisstationsantenne liegt, muss er streng genommen für jeden Messpunkt individuell bestimmt werden.

Forschungsstand zur Immissionsbestimmung

Neben diversen internationalen sowie nationalen Normungsgremien, die sich mit der Fragestellung auseinandersetzen, wie Beamforming bei der Immissionsbestimmung in angemessener Weise zu berücksichtigen ist, ist auch das Institut für Hochfrequenztechnik (IHF) der RWTH Aachen aktiv daran beteiligt einen Beitrag zur Beantwortung dieser Frage zu leisten. Im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) führt das IHF in Zusammenarbeit mit der TU Ilmenau sowie mit dem EM-Institut derzeit ein Forschungsvorhaben durch, in dem mögliche Hochrechnungsverfahren zur Bestimmung der Maximalimmission messtechnisch überprüft werden. Als Teil dieses Forschungsvorhabens werden auch typische und maximale Immissionen in 5G-Mobilfunkzellen mit Massive-MIMO-Antennen ermittelt, um die Auswirkungen von Beamforming auf die Immission zu quantifizieren.

Lesen Sie hier auch den ersten Teil des Beitrages „Forschung zur Immission von Beamforming-Antennen“.

Kontakt zum Autor
Thomas Kopacz, M.Sc. Wissenschaftlicher Mitarbeiter
IHF – Institut für Hochfrequenztechnik
RWTH Aachen University
Melatener Straße 25, 52074 Aachen
Tel: +49 241 80-27944
kopacz@ihf.rwth-aachen.de
www.ihf.rwth-aachen.de