Die öffentlichkeitswirksame Vorstellung des neuen iPhone 12 mit 5G-Technik befeuert die Diskussion um die elektromagnetische Verträglichkeit von 5G. (Bild: Apple)

Was haben der US-amerikanische Wahlkampf, die Corona-Pandemie und 5G-Mobilfunktechnik gemeinsam? Sie alle sind ein Opfer von Verschwörungserzählungen und Mythen-Bildung. Während Wissenschaft und Behörden bemüht sind, sachliche Argumente ins Feld zu führen, könnte in der Akzeptanzfrage Hilfe von unerwarteter Seite kommen.

In der ersten kritischen Phase der Corona-Pandemie loderten Bilder von brennenden Mobilfunkmasten durch die Sozialen Netzwerke und Nachrichtenberichterstattung. Anhänger von Verschwörungserzählungen hatten den neuen Mobilfunkstandard 5G als Feindbild ausgemacht und zündeten damit nicht nur Brandstifter an, sondern auch die Diskussion um die Verträglichkeit der „5G-Wellen“. Für die Tatsache, dass es sich bei den zerstörten Kommunikationsanlagen „nur“ um LTE-Masten gehandelt hatte, blieb nicht mehr als fassungsloses Kopfschütteln übrig.

Doch auch abseits von kriminellen und nicht nachvollziehbaren Verschwörungstheorien, sind Sorgen bei der Einführung neuer Technik nicht selten und bei einem Blick in die Geschichte ja auch durchaus auch nicht immer unbegründet. Wie steht es aber nun um die Gefährlichkeit der „neuen“ „5G-Wellen“? Gibt es so etwas wie LTE- oder 5G-Wellen überhaupt? Bereits sehr früh hat sich auch FUENF-G dieser Frage angenommen. Harry Jacob zieht in seinem Artikel „Wie gefährlich sind „5G-Wellen“?“ den Vergleich mit Licht unterschiedlicher Wellenlänge: Hier frage niemand, ob das rote Licht einer Ampel gefährlicher sei als das weiße Licht eines Scheinwerfers. Um es auf den Punkt zu bringen: Die verschiedenen Mobilfunkstandards nutzten bisher unterschiedliche Frequenzbänder, derzeit im Bereich von 700 MHz bis 5 GHz (eine anschauliche Grafik finden Sie in Harrys Beitrag). Es gibt aber keine Frequenzen, die einem speziellen Standard  entsprechen. Das zeigt auch die aktuelle Funktechnik: mittels Dynamic Spectrum Sharing (DSS) können die verfügbaren Frequenzen nun je nach Bedarf den einzelnen Standards zugewiesen werden. So funkt beispielsweise 5G auch auf den Frequenzen, die zuvor nur für GPRS, UMTS oder LTE genutzt wurden. Von „5G-Wellen“ zu sprechen ist also schlicht Unsinn.

Gesundheitliche Bedenken ernst nehmen

Als Effekt elektromagnetischer Strahlung ist bislang lediglich belegt, dass sich menschliches Gewebe beispielsweise in unmittelbarer Nähe zum Gerät erwärmen kann. Wenn, dann ist also nicht der Funkmast das Problem, sondern eher das Smartphone am Ohr des Nutzers. Experten halten jedoch auch diesen Effekt in den bisher genutzten Frequenzbereichen für nicht gesundheitsschädlich – von menschenfernen M2M- oder IIoT-Anwendungen ganz zu schweigen. Daher stufen sowohl die Internationale Kommission für den Schutz vor nichtionisierender Strahlung als auch das Bundesamt für Strahlenschutz die 5G-Technik in der Frequency Range 1 (450 MHz bis 6 GHz)  bei Einhaltung der Grenzwerte als unbedenklich ein.

Dennoch: Die Sorge um die Verträglichkeit muss nach wie vor ernst genommen werden, um die Akzeptanz in der Bevölkerung sicher zu stellen und den derzeitigen Stand der Wissenschaft durch aussagekräftige Studien zu bestätigen oder zu widerlegen. Diese Akzeptanzfrage ist auch Hintergrund der ausdrücklichen Begrüßung eines gemeinsamen Positionspapiers der Gruppe für Frequenzpolitik (RSPG) und das Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (BEREC) zur elektromagnetischen 5G-Verträglichkeit durch die Bundesnetzagentur.

Die Bundesnetzagentur überprüft die Einhaltung der Grenzwerte zum Schutz der Gesundheit und veröffentlicht ihre Messungen im Internet. Die Grenzwerte müssen auch bei 5G eingehalten werdenBehördliche Überwachung und Transparenz der Ergebnisse werden die Akzeptanz der Bevölkerung in die neue Technologie weiter stärken.

Dr. Wilhelm Eschweiler, Vizepräsident der Bundesnetzagentur

Inhalte des Positionspapiers

Zum Hintergrund: Das Gremium BEREC soll die jeweilige nationale Regulierungspraxis koordinieren, indem der europäische Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste angewendet wird. So soll unter anderem der Binnenmarkt für diesen Bereich gefördert werden. Die Bundesnetzagentur arbeitet in BEREC mit. Die Gruppe für Frequenzpolitik (RSPG) ist ein Gremium von Regierungssachverständigen, welches die Europäische Kommission bei der Entwicklung der Frequenzpolitik beratend unterstützt. Deutschland wird in dieser Gruppe durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und die Bundesnetzagentur vertreten.

RSPG und BEREC vertreten die folgenden Positionen:

  • Die geltenden Grenzwerte und Richtlinien der International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection (ICNIRP) aus dem Jahr 2020 tragen dazu bei, dass auf transparente und wissenschaftliche Weise der Schutz des Menschen gewährleistet wird.
  • Die Entwicklungen neuer Messmethoden für neue mobile Systeme, einschließlich 5G, werden begrüßt, um stets sicher die fortschrittlichsten Technologien nutzen zu können.
  • Unter anderem mit dem Ziel, das Vertrauen in Funktechnologien einschließlich 5G sicherzustellen, werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, dafür zu sorgen, dass Maßnahmen getroffen werden, um zu überwachen, ob die vom Betreiber installierten Geräte den festgelegten Grenzwerten entsprechen. – Dies ist in Deutschland bereits heute bewährte Praxis. Die Bundesnetzagentur wird dieser Aufgabe auch zukünftig sorgfältig nachkommen.
  • Die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission werden gebeten, transparente, sachliche und neutrale Informationen zu Fragen der elektromagnetischen Verträglichkeit zu veröffentlichen.
  • Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, die Anliegen der Bürger zu berücksichtigen und Informationen und bewährte Verfahren in Europa auszutauschen, um zu einem besseren Verständnis der Öffentlichkeit für diese Themen beizutragen und die Transparenz in Bezug auf die 5G-Technologie zu fördern.

Hoffnung der Industrie auf Consumer-Technik

Bei aller Unterstützung für den wissenschaftlichen Weg ruhen derzeit nicht wenige Hoffnungen auf der Einführung von neuen mit viel Emotionen aufgeladenen Consumer-Produkten. Nicht ganz unbegründet dürfte die Hoffnung sein, dass eine Marke wie Apple und Produkte wie das iPhone in der Lage sind, auch das Thema 5G positiv und emotional „aufzuladen“. Bei der Vorstellung der neuen Geräte jedenfalls war das Apple-Marketing vom Nutzen der Technik überzeugt:

„Jede bisherige Generation des iPhone hat verändert, was man von einem Smartphone erwartet, und jetzt, mit 5G, bietet das iPhone 12 Pro eine neue Generation an Leistung. Unsere enge Integration von Hardware und Software ermöglicht unglaubliche, rechnergestützte Fotografiefunktionen wie die Erweiterung des Nachtmodus auf mehr Objektive und die Unterstützung von HDR-Video mit Dolby Vision. Ein LiDAR-Scanner auf dem neuesten Stand der Technik bedeutet, dass die Benutzer AR wie nie zuvor erleben können. Außerdem unterstützt er die Kamera und ermöglicht einen schnelleren Autofokus bei schlechten Lichtverhältnissen und Porträts im Nachtmodus.“

Greg Joswiak, Senior Vice President of Worldwide Marketing von Apple

Weiterführende Inhalte

Die Bundesnetzagentur war an der Erstellung des oben genannten Positionspapiers beteiligt. Es ist unter „Positionspapier von RSPG und BEREC zur elektromagnetischen Verträglichkeit von 5G“ und auf den Seiten von BEREC veröffentlicht.