Kann 5G grün sein? Eine Betrachtung aus Sicht der Nachhaltigkeit.  (Bild: Pixabay)

Zweifellos bringt 5G die technologische und industrielle Weiterentwicklung voran —aber wie wirkt sich auf unsere Umwelt aus? Hilft die bevorstehende 5G-Ära, eine nachhaltigere Zukunft zu gestalten? Oder erweist sich die Technik eher als kontraproduktiv beim globalen Streben nach einer nachhaltigen Zukunft? Konkrete Antworten auf diese Fragen erweisen sich als schwierig. Was jedoch hilft, ist eine Abwägung der Vor- und Nachteile der 5G-Technologie —aus Sicht der Nachhaltigkeit. Lesen Sie hier den Teil 1 zum Nutzen von 5G. 

Shristi Mangal Pal (freie Journalistin)

Die bevorstehende 5G-Revolution verspricht Internet-Surfgeschwindigkeiten, die bis zu 20-mal höher sind als die heutigen Breitbandnetze. Zusammen mit niedrigen Latenzzeiten, hervorragender Konnektivität und höherer Kapazität ist 5G die erste Mobilfunktechnologie, die drahtlose Breitbanddienste auf verbundene Geräte ausweiten kann. Dank dieser innovativen Art der Nutzung des Funkspektrums können erheblich mehr Geräte in einem Zug auf das mobile Internet zugreifen. Aus Sicht unserer ständig wachsenden webbasierten Welt ist das nichts weniger als ein Ohrenschmaus — vor allem für die Industrie: in den Bereichen virtuelle Realität (VR), IoT und künstliche Intelligenz (KI). Sieben Argumente für den Einsatz von 5G aus Sicht der Nachhaltigkeit:

1. 5G als Vorbote für nachhaltige wirtschaftliche Wachstumschancen sein

Der Klimawandel ist ein weltweites soziales, wirtschaftliches und ökologisches Problem, das schnelles und gezieltes Handeln erfordert. Qualcomm, ein amerikanisches multinationales Unternehmen, das Halbleiter, Software und Dienstleistungen im Bereich der Mobilfunktechnologie entwickelt, hat kürzlich einen Bericht über die transformative Rolle von 5G veröffentlicht. Demnach kann 5G bei der nachhaltigen Entwicklung helfen! Qualcomm betont, dass mithilfe von 5G mehr als 300.000 neue grüne Arbeitsplätze in den USA und anderen Teilen der Welt geschaffen werden könnten.

2. Projektion zeigt, wie CO2-Gasemissionen verringert und Ressourcen geschont werden

Der Qualcomm-Bericht aus dem Jahr 2021 liefert uns außerdem einige erstaunliche Statistiken. Die ultraniedrige Latenzzeit und die extreme Zuverlässigkeit von 5G werden uns mehrere innovative Dienste ermöglichen. Services überwachen in Echtzeit den Wasserverbrauch und helfen damit 410 Milliarden Gallonen Wasser pro Jahr zu sparen. Außerdem wird eine Verringerung der Treibhausgasemissionen um mehr als 370 Millionen Tonnen bis 2025 prognostiziert. Darüber hinaus erwarten die Autoren des Berichtes eine Senkung des Pestizideinsatzes um 50 Prozent sowie eine allgemeine Optimierung des Energieverbrauchs und eine verbesserte Kraftstoffeffizienz.

3. SMART-Lösungen für die Industrie

Durch intelligente Lösungen, die sowohl auf städtische als auch auf ländliche Bedürfnisse zugeschnitten sind, wird 5G nachhaltige Lösungen für den Industriesektor schaffen. Zunächst soll 5G dazu beitragen, hocheffiziente Fernarbeitsplätze anzubieten und damit unnötige Reisen zu reduzieren. Ebenso wird 5G die Übertragung großer medizinischer Bilder ermöglichen, Initiativen im Bereich der Telemedizin erleichtern, Instrumente zur Fernüberwachung von Patienten unterstützen und komplexere Anwendungen von KI/VR/AR ermöglichen, wodurch sich die Reisetätigkeit von medizinischem Personal und Patienten verringert.

4. Grüne und ökofreundliche Städte verwirklichen

Im Qualcomm-Bericht wird gezeigt, wie 5G unseren ständig wachsenden Bedarf an umweltfreundlicher Infrastruktur decken könnte. Durch die Unterstützung des Einsatzes von intelligenten Sensoren und intelligenten Edge-Geräten wird 5G die Automatisierung von Gebäudemanagementsystemen, intelligenten Zählern, HLK-Steuerungssystemen (Heizung, Lüftung und Klimaanlage) und ein erhöhtes Verbrauchsbewusstsein durch kontinuierliche Überwachung verbessern. All dies bedeutet, dass 5G uns dabei helfen könnte, unsere Kompetenz im Bereich der intelligenten Infrastrukturen weiter zu verbessern und grüne städtische Räume zu fördern.

5. Nachhaltigkeit in der Massenproduktion:

In den Leitlinien der UN-Klimakonferenz, die in diesem Jahr im Vereinigten Königreich stattfand, wird ein dringender Handlungsbedarf im Bereich der Massenfertigung formuliert. 5G könnte hier ein Maß an sicherer Konnektivität mit extrem niedriger Latenz bieten, wodurch Genauigkeit und Präzision in der automatisierten Bewegung zur Synchronisierung und Steuerung viel reaktionsschneller würden – was bisher nur eingeschränkt möglich war. SMART-Hersteller (Self Monitoring Analysis and Reporting Technology) können 5G-fähige Technologien nutzen, um Erkenntnisse zu gewinnen und die Produktivität und Effizienz zu verbessern. So reduzieren beispielsweise von 5G unterstützte Inventarverwaltungssysteme den Gesamtumfang der benötigten Lagerbestände. Infolgedessen wird weniger Lagerfläche benötigt, was den Energiebedarf für Beleuchtung und Kühlung senkt.

6. Nachhaltige landwirtschaftliche Lösungen

Agrarwissenschaftler und Landwirte arbeiten an der Entwicklung nachhaltigerer Methoden zur Ernährung unserer boomenden Bevölkerung. Die Einführung der 5G-Technologie und ihre Umsetzung in der Lebensmittelproduktion und im Vertrieb könnten neue umweltfreundliche Wege zur Optimierung der Ernteerträge, zur Wassereinsparung, zur Verbesserung der Bodengesundheit und zur Überwachung des Viehbestands aufzeigen. 5G-fähige Anwendungen werden entscheidend dazu beitragen, die Auswirkungen des Agrarsektors auf den Klimawandel zu verringern und gleichzeitig künftige Probleme der Lebensmittel- und Süßwasserknappheit anzugehen. Eventuell bringt uns das der Lösung des Welthungers ein Stück näher.

7. Effizientere Stromverteilung und bessere Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien

Den weltweiten Verbrauch an nicht erneuerbaren Energien zu senken, stellt für die Menschheit einen ständigen Kampf dar. Smart Grids werden den Energiesektor durch eine höhere Effizienz bei der Stromverteilung und eine größere Verfügbarkeit erneuerbarer Energien revolutionieren. Der Einsatz der 5G-Technologie ermöglicht hier über Sensoren/IoT-Geräte eine genaue Überwachung des gesamten Netzes und bietet die Flexibilität, schwankenden Bedürfnissen entgegenzuwirken. Durch die Nutzung von Echtzeitinformationen und fortschrittlichen Analysen im bidirektionalen Netz unterstützt 5G eine bessere Reaktionsfähigkeit, um solche Anforderungen zu erfüllen und das Risiko von Blackouts und Brownouts zu mindern.

Die Ingenieure behaupten auch, dass die kleinen Zellen, die die 5G-Verbindung bereitstellen, energieeffizient sind und nachhaltig betrieben werden. In Anbetracht des hohen Wartungs- und Produktionsaufwands für diese Zellen befürworten die Unterstützer des 5G-Netzes, dass die kleinen Zellen mit Solar- oder Windenergie betrieben werden, um nachhaltig und umweltfreundlich zu sein.  In einem 2007 von ScienceDirect: Energy and Buildings veröffentlichten Bericht über den Energieverbrauch von Gebäuden heißt es, dass diese Geräte, die als „Fuel-cell energy server“ bezeichnet werden, als Erzeuger sauberer Energie für die kleinen Zellen dienen werden.

8. Virtuelles Arbeiten statt Reisen

Ein Forschungsteam (Universität Zürich, Empa) hat im Auftrag des Wirtschaftsverbands swisscleantech und des Mobilfunkbetreibers Swisscom die Auswirkungen von 5G auf Treibhausgasemissionen untersucht. Sie nehmen dabei an, dass sich der künftige Datenverkehr verachtfachen wird. Die Studie zeigt, dass der Ausbau des 5G-Netzes und die benötigten neuen Endgeräte für neue Anwendungsmöglichkeiten auf dem 5G-Netz im Jahr 2030 Umweltbelastungen in einer Grössenordnung von 0.18 Megatonnen CO2–Äquivalenten verursachen dürften. Auf der anderen Seite stünde ein Einsparpotenzial von bis zu 2.1 Megatonnen CO2-Äquivalenten aufgrund intelligenter Stromnetze oder neuer Anwendungen in der Landwirtschaft mit einer gezielteren Nutzung von Dünger und Pflanzenschutzmitteln. Als weiteres Argument führen die Empa-Forscher an, dass flexibles Arbeiten eine Reduktion des Pendlerverkehrs und geschäftlicher Reisetätigkeiten mit sich bringe, da sich im 5G-Netz effizienter virtuell zusammenarbeiten lasse. Ein Grund  für die klimafreundliche CO2-Einsparung sehen die Autoren in der grösseren Energieeffizienz der 5G-Technologie. Das 5G-Netz im Jahr 2030 sollte demnach pro transportierter Einheit Daten rund 85 Prozent weniger Emissionen als das heutige Mobilfunknetz verursachen. (Quelle)

Alles Grün, oder doch nicht?

Die Einführung von Basisstationen, die mit nachhaltiger Energie betrieben werden, wäre ein Schritt in die richtige Richtung, um die Umwelt zu schützen. Aber reichen diese Versprechungen aus, um den Energiebedarf für den Betrieb der 5G-Geräte zu decken? Haben die Tech-Giganten alle Auswirkungen der 5G-Technologie transparent gemacht, oder wurden einige negative Aspekte unter den Teppich gekehrt? Schauen wir uns einige der möglichen Nachteile von 5G an. Lesen Sie auch den zweiten Teil des Beitrags zu den Problemen der 5G-Technologie aus Sicht der Nachhaltigkeit.

Der Beitrag wurde am 16.12.21 überarbeitet.