Die 5G-Frequenzauktion ist beendet – nun geht es daran, die Netze aufzubauen. (Bild: Deutsche Telekom)
Neben Deutscher Telekom, Telefónica und Vodafone wird sich 1&1 Drillisch künftig als vierter Netzbetreiber etablieren. Nach dem Ende des langwierigen, nervenaufreibenden Bieterwettkampfs um die 5G-Frequenzen soll es nun schnell vorwärtsgehen – und zwar gemeinsam.
Ein paar Spitzen gegen das Auktionsdesign konnten sich die Chefs von Telekom und Vodafone auch nach dem Ende der 5G-Frequenzversteigerung nicht verkneifen. Doch viel wichtiger ist für die Kunden, wie die vier Auktionsteilnehmer nun die 5G-Netze schnell auf den Weg bringen wollen. Laut Bitkom-Präsident Achim gelte es nun, bestehende Unsicherheiten auszuräumen und neue zu vermeiden. Er forderte zudem, jetzt verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen sowie einfache, schnelle Verwaltungsverfahren für die neuen Mobilfunkstandorte zu gewährleisten. Dazu hatte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer bereits Vorschläge gemacht: Er will Grundstücke und Immobilien von Bundes- und Länderbehörden als Antennenstandorte zur Verfügung stellen.
Telekom: „Wir wollen jetzt loslegen“
Die Telekom zeigte sich zufrieden mit der erzielten Frequenzausstattung. „Wir haben das Spektrum erhalten, das wir wollten. Nach einer langen Auktion herrscht jetzt Klarheit. Jetzt werden wir ein erstklassiges 5G-Netz für Deutschland bauen“, kündigte Telekom-Vorstand Dirk Wössner an. Man werde schnell die Nutzung der Frequenzen beantragen und den Netzaufbau forcieren. Die Vorarbeiten seien schon weit gediehen: Wössner verwies auf 5G-Testgebiete in Berlin, Darmstadt und am Hamburger Hafen. In Deutschland seien bereits 80 Prozent der bestehenden Antennen auf 5G vorbereitet, in ganz Europa habe man sogar schon 150 Antennen in Betrieb.
Eine Herausforderung sieht Wössner in der wirtschaftlichen Erschließung in der Fläche, außerhalb von Städten und Ballungsräumen.
„Dabei gilt weiter unser Angebot, den Netzausbau im ländlichen Raum gemeinsam mit unseren Wettbewerbern anzugehen. Dazu werden wir Gespräche aufnehmen“, kündigte der Telekom-Vorstand an und bekräftigte: „Wir wollen jetzt loslegen.“
Vodafone: Erstes 5G-Videotelefonat im öffentlichen Netz
Auch Vodafone ist mit der erzielten Bandbreite von insgesamt 130 MHz zufrieden. Der Provider nimmt für sich in Anspruch, nach dem Ende der Auktion das erste Videotelefonat geführt zu haben. „Im echten 5G-Netz. An der ersten echten 5G-Station, die Vodafone in Betrieb genommen hat“, teilte das Unternehmen mit. Vodafone-CEO Hannes Ametsreiter sprach dabei mit Vodafones Technik-Chef Gerhard Mack. „Ich bin stolz, dass wir bei 5G ganz vorne dabei sind“, so Mack.
Der weitere Ausbau soll in Kürze beginnen. Bis Ende 2021 will Vodafone bis zu 20 Millionen Menschen in Deutschland zuhause mit 5G versorgen, dazu zahlreiche Industriestandorte mit dem 5G-Netz ausstatten.
„Zu Beginn bringen wir 5G vor allem in die Industrie. Also dorthin, wo bereits die ersten 5G-Innovationen bereitstehen. Außerdem bringen wir 5G als Ersatz für langsames DSL aufs Land“, kündigte der Vodafone-CEO an. Parallel werde man auch Dienste wie LTE und Narrowband IoT (NB IoT) in der Fläche ausbauen.
Um dieses Ziel zu erreichen, brauche Deutschland ein Re-Investitionsprogramm, das nach seinen Vorstellungen die Branche gemeinsam mit der Politik ausarbeitet. Die Bundesregierung hatte angekündigt, den Auktionserlös – immerhin 6,55 Milliarden Euro – in den Netzausbau investieren zu wollen, allerdings für Breitband-Kabel und Schul-Anschlüsse. Mit diesem Geld könnten mehr als 50.000 neue Mobilfunk-Stationen gebaut werden, rechnet Ametsrieder nun vor und meint: „Mit diesen Mitteln könnten wir die Funkloch-Debatte in Deutschland ein für alle Mal beenden“.
Schon während der laufenden Auktion hatten die Provider die Debatte über die Verwendung der Mittel angeheizt. Sie hoffen wohl, dass angesichts der hohen Einnehmen, die die ursprünglich erwarteten 3 bis 5 Milliarden Euro deutlich übersteigen, nun auch staatliches Geld für den 5G-Netzaufbau fließen könnte.
Telefónica: Industrie 4.0 ein Fokusthema
Langfristig will Telefónica alle seine Kunden mit schnellem mobilem Internet versorgen. Insbesondere beim Ausbau von Produktions- und Fertigungsfabriken will sich das Unternehmen mit seiner Marke O2 als „großer Partner“ für die Ausstattung für Industrie 4.0 platzieren.
Markus Haas, CEO von Telefónica Deutschland, sieht das ersteigerte Frequenzpaket als einen wichtigen Baustein für neuartige Geschäftsmodelle und die Bewältigung des massiv ansteigenden Datenvolumens. Das Unternehmen verfüge nun mit 310 MHz Bandbreite (gerechnet bis 2025) über eine wettbewerbsfähige Ausstattung: Zum Vergleich: Ab 20221 kommt Telekom auf 320 MHz, Vodafone auf 330 MHz – alle drei Provider liegen also fast gleichauf. Lediglich Newcomer 1&1 Drillisch liegt deutlich dahinter.
Die nun vergebenen Frequenzen seien nicht für die Flächenversorgung geeignet, deshalb würden damit vorrangig Ballungsräume und Industriestandorte mittels 5G mit hohen Datenraten und geringen Latenzzeiten versorgt, kündigte der Telefónica-Chef an. Für einen beschleunigten Ausbau im ländlichen Raum setzt Telefónica auf die Ausweitung kommerzieller Kooperationsmodelle.
„Wir sind bereit, eng mit investitionswilligen Wettbewerbern im Netzausbau zusammenzuarbeiten“, so der Appell von Haas an die anderen Provider. Nur im Schulterschluss aller Beteiligten könne diese wichtige Phase für die digitale Zukunft des Landes gelingen, ist er überzeugt.
1&1 Drillisch: Als vierter Provider am Start
Mit 70 MHz Bandbreite sieht 1&1 Drillisch den Grundstein gelegt für eine erfolgreiche und dauerhafte Positionierung als vierter Mobilfunknetzbetreiber in Deutschland. Zwar hatte der Newcomer lange versucht, 80 MHz zu erreichen, hatte dann aber zurückgezogen und damit ein Ende der längsten deutschen Frequenzauktion ermöglicht.
Von diesem Spektrum stehen die beiden 10-MHz-Blöcke im 2-GHz-Band zwar erst ab Anfang 2026 zur Verfügung. Jedoch kann das Unternehmen bis zu diesem Zeitpunkt auf ein gleich großes Frequenzspektrum von Telefónica zugreifen. Im Rahmen des Kartellverfahrens zur Verschmelzung von O2 und E-Plus hatte sich der Provider dazu verpflichtet, 30 Prozent der Frequenzen an „virtuelle Netzbetreiber“ wie die United-Internet-Tochter zu vermieten. Laut Golem.de bezieht sich das nicht nur auf die Netzwerk-Architekturen bis LTE, sondern genauso auch für 5G. Nach Angaben von 1&1 Drillsich könne man den aktuellen Vertrag mit Telefónica sogar in ein National-Roaming-Agreement für LTE und 5G umwandeln.
Ralph Dommermuth, CEO von United Internet und 1&1 Drillisch, betonte nach der Auktion:
„Wir sind für den Aufbau eines modernen Mobilfunknetzes hervorragend aufgestellt. Mit mehr als 9 Millionen Mobilfunk- und 4,5 Millionen DSL-Kunden, Deutschlands zweitgrößtem Glasfasernetz und einer europaweit führenden Position in der Entwicklung von Applikationen bringen wir beste Voraussetzungen mit, um das enorme Potenzial von 5G in Deutschland auszuschöpfen.“
Als vierter Netzbetreiber werde man einen Beitrag leisten, Deutschland zum Leitmarkt für 5G zu machen und neue Geschäftsfelder zu erschließen.
Auch Dommermuth setzt beim Netzaufbau in der Fläche auf kooperative Betreibermodelle. Bereits vor Beginn der Auktion hatte er angekündigt, mit den anderen drei Providern über gemeinsame Aktivitäten sprechen zu wollen. „Die Regulierungsbedingungen sehen ausdrücklich vor, dass die Netzbetreiber koordiniert bauen können. Es ergibt keinen Sinn, wenn wir nur auf wenige Dächer Antennen stellen, dann aber gleich vier“, so sein Argument.
Im Januar hatten die Angesprochenen noch reserviert reagiert. Inzwischen – 6,55 Milliarden Euro später – scheint die Aussicht, die Kosten für die Flächenerschließung aufteilen zu können, deutlich attraktiver geworden zu sein.
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