Der Countdown der teilnehmenden Aussteller führte nun zur Absage der weltgrößten Mobilfunkmesse. (Bild: Clker-Free-Vector-Images/Pixabay)

Noch 14 Tage bis zum Beginn des Mobile World Congress in Barcelona. Angesichts der Angst vor einer Ausbreitung des Corona-Virus geht die Zahl der Aussteller jedoch inzwischen zurück. Mit Ericsson hat sich einer der vier großen Ausrüster komplett verabschiedet, ZTE macht Abstriche an seinem Auftritt. Zuletzt sagten auch die Schwergewichte Nokia, Telekom, Vodafone, Orange, Cisco und AT&T ab. Damit war das Ende des Events in diesem Jahr besiegelt.

[UPDATE 12.02.2020, 20:00 h] Nach einer Telefonkonferenz der 26 Mitgliedsunternehmen hat die GSMA, Veranstalter des Mobile World Congress, die Veranstaltung endgültig abgesagt Die weltweite Angst vor dem Coronavirus, Reisebeschränkungen und weitere Umstände hätten es unmöglich gemacht, die Veranstaltung durchzuführen.
Die Veranstalter sprachen zudem allen vom Virus Betroffenen in China und der ganzen Welt ihr Mitgefühl aus. Die vollständige Mitteilung der GSMA finden Sie hier.

Der schwedische Netzausrüster Ericsson hat seine Teilnahme am Mobile World Congress 2020 in Barcelona, der am 24. Februar startet, vollständig abgesagt. Das Unternehmen, das einer der größten Aussteller gewesen wäre, begründete den Rückzug mit der Verantwortung für die Gesundheit und Sicherheit von Mitarbeitern, Kunden und anderen Beteiligten. Dies habe für das Unternehmen oberste Priorität.

Zwar lobte man die Anstrengungen des Messeveranstalters GSMA. Dieser habe alles getan, um das Risiko zu minimieren. Nach einer eigenen Risikobewertung sei man jedoch der festen Überzeugung, dass die verantwortungsvollste Entscheidung die Absage sei. Denn man könne die Gesundheit und Sicherheit von mehreren Tausend Menschen, die täglich die Messehalle von Ericsson frequentierten, nicht garantieren.

Zugleich kündigten die Schweden als Ersatz eine Veranstaltungsreihe unter dem Titel „Ericsson unboxed“ an, um Demos und Inhalte, die für den MWC 2020 vorgesehen waren, auf lokalen Veranstaltungen in Kundennähe zu präsentieren.

ZTE muss massiv umplanen

Der chinesische Ausrüster ZTE hält an seiner MWC-Teilnahme fest, hat aber seine Planungen deutlich überarbeitet. So setzt das Unternehmen beim Standpersonal verstärkt auf europäische Kräfte. Die Zahl der chinesischen Firmenvertreter wurde erheblich reduziert. Aufgrund dieser veränderten Personalsituation muss ZTE einen Teil seines Messeprogramms kürzen. So wurde beispielsweise die geplante Pressekonferenz abgesagt.

Die Mitarbeiter aus China sind bereits nach Spanien gereist und haben sich in eine Art freiwillige Quarantäne in ihren Hotelzimmern begeben. Hier arbeiten sie momentan als Teleworker. Auch Huawei hat angegeben, seine Mitarbeiter für den MWC 2020 vorab nach Barcelona zu schicken, um sicherzustellen, dass über die Inkubationszeit von 10 bis 12 Tagen mögliche Infektionen rechtzeitig entdeckt werden. Dies entspricht auch den verschärften Anforderungen des Veranstalters GSMA, der seine Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge der Entwicklung an der Gesundheitsfront sukzessive anpasst – zu den Details siehe „MWC2020: Barcelona und das Coronavirus“.

Für die Entscheidung, weniger Vertreter aus dem Heimatland zu schicken, macht ZTE hauptsächlich die Verkehrssituation verantwortlich. Nachdem Fluglinien wie Lufthansa und British Airways ihre Verbindungen zwischen China und Europa komplett gestrichen haben, ist es schwierig, noch freie Plätze, beispielsweise von Singapur aus, zu ergattern.

Und noch ein zweiter Fakt könnte eine Rolle spielen: Zunehmend beklagen Chinesen und andere eine Diskriminierung im öffentlichen Leben. Menschen, die dem äußeren nach aus China oder generell aus Asien stammen könnten, werden hierzulande teils gemieden, teils angepöbelt. (Siehe Kommentar).

Auch die Redaktion von fuenf-G.de ist in Barcelona vor Ort, um Sie, verehrte Leserinnen und Leser, mit den neuesten Entwicklungen von 5G für die Industrie zu versorgen. Sie sind auch da? Dann schreiben Sie uns an redaktion@fuenf-G.de, um ein Treffen abzustimmen! Wir freuen uns auf Sie!

Weitere Schwergewichte ziehen zurück

Den Anfang der Absagen machte LG. Mit Blick auf die Sicherheit von Mitarbeitern, Partnern und Kunden habe man sich entschieden, weder als Aussteller noch als Besucher auf dem Mobile World Congress 2020 teilzunehmen, so der südkoreanische Anbieter, der unter anderem neue 5G-Smartphones präsentieren wollte. Ähnlich wie bei Ericsson sollen die Produktneuheiten im Nachgang zum MWC nun in regionalen Events präsentiert werden.

Nach LG, Ericsson und dem Teilrückzug von ZTE folgte Nvidia. Der Chiphersteller aus den USA, der 5G, Künstliche Intelligenz und Edge Computing auf dem MWC 2020 thematisieren wollte, gehört laut „The Verge“ zu den Hauptsponsoren des MWC. Die Absage begründete Nvidia mit Gesundheitsrisiken für Personal, Geschäftspartner und Kunden. Man bedaure diesen Schritt, halte diesen aber in der aktuellen Situation für die richtige Entscheidung.

Inzwischen sagte auch Sony den Auftritt in Barcelona komplett ab. Die Begründung der Japaner gleicht der von LG, Ericsson und Nvidia. Statt der geplanten Pressekonferenz auf dem MWC soll nun ein Youtube-Livestream genutzt werden, um die neuen Produkte der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Mit Amazon folgte eine weitere prominente Absage auf dem Fuße. Die Cloud-Computing-Sparte AWS sollte sich auf mehreren Ständen in der Halle 1 präsentieren. Zudem hatte der US-Konzern eine ganztägige Konferenz im Rahmen des MWC geplant. Auch diese wird nun nicht stattfinden können.

Ebenso hat Intel seinen Auftritt abgesagt, mit gleichlautender Begründung zur Sicherheit von Mitarbeitern, Partnern und Kunden. Der us-amerikanishce Chiphersteller hatte ein umfangreiches 5G-Portfolio angekündigt, für Core, Edge und Access, dazu Tools und Software für Entwicklung und Betrieb. Mit Mediatek aus Taiwanzog sich ein weiterer Chip-Entwickler zurück.

Wie der Nachrichtendienst CNET berichtet, sollen auch zahlreiche Mitarbeiter des Elektronikkonzerns Samsung ihre Messeteilnahme storniert haben. Das Unternehmen halte derzeit am MWC-Auftritt fest, doch werden nur ein Teil der ursprünglich vorgesehenen Ansprechpartner aus Südkorea und den USA zur Verfügung stehen. Daneben hat TCL Communications, Anbieter von Endgeräten der Marken Alcatel und Blackberry, seine globale Presseveranstaltung abgesagt, will aber als Aussteller weiterhin in Halle 3 präsent sein.

[UPDATE] Nur 12 Tage vor Beginn der Messe sagte mit Nokia ein weiterer Ausrüster seine Teilnahme vollständig ab. Ebenso die europäischen Netzbetreiber Deutsche Telekom, Vodafone und Orange, der US-Netzbetreiber AT&T sowie Cisco und Facebook.

Liste der Absagen wächst täglich

Viavi Solutions, Hersteller von Test- und Messsystemen für 5G, reihte sich inzwischen in die Liste der Absagen ein. Auch dieses Unternehmen verwies auf Gesundheitsrisiken für Personal, Geschäftspartner und Kunden.

Aus Japan meldete sich NTT Docomo ebenfalls mit einer Absage. Damit sich hat der erste große Telekommunikationskonzern vom Mekka der Mobilfunk-Branche verabschiedet. Der Absage als Aussteller steht allerdings die Möglichkeit gegenüber, dass einzelne Unternehmensvertreter als Besucher anwesend sein könnten.

Auch Amdocs, Software- und Service-Anbieter für die Mobilfunkbranche, beruft sich auf die Sicherheit von Kunden, Partnern und Mitarbeitern, um trotz der Vorsichtsmaßnahmen der GSMA auf die Teilnahme am MWC 2020 zu verzichten. Das Unternehmen beabsichtigt, Geschäftstreffen und Workshops direkt bei seinen Kunden abzuhalten, um ihnen das amdocsONE-Portfolio, einschließlich neuer 5G-, Cloud-, Monetarisierungs- und Medienlösungen, vorzustellen.

Offene Worte wagt CommScope, Lieferant von Drahtlos- und Festnetz-Netzwerken. Neben der Sorge um die Gesundheit der Mitarbeiter fürchtet das Unternehmen auch die wirtschaftlichen Auswirkungen von Quarantänemaßnahmen, falls es zu Infektionen in der Belegschaft kommen sollte. Das Team prüfe derzeit Alternativen wie virtuelle Messen und und andere Besprechungsoptionen, um das neue CommScope-Portfolio vorzustellen.

Weitere Absagen kamen anfangs der Woche von den Smartphone-Herstellern GigasetUmidigi, Ulefone (Gotron Electronics Group) und Vivo, der chinesischen Coosea Group, die auch die Handelsmarke Sichuan Koobee nutzt, dem israelisch-kanadischen Netzwerk-Analyse-Spezialsten Panorama Software, dem Drahtlos-Anbieter Sun Global Broadband Hawaii, die Security-Experten F5 Networks und McAfee, der kanadischen Accedian, die Performance- und Datenanalyse in Netzwerken anbietet, dem US-amerikanischen Mobilfunkspezialisten Interdigital, der erste Entwicklungen zu 6G präsentieren wollte, und Radwin, Anbieter von Fixed Wireless Access (FWA).

[UPDATE] Weitere Absagen vom 12. Februar: A10 Networks, AppsFlyer, ARCEP, Ciena, Daliwireless, HMD, iconectiv, Interop Technologies, KMW Communications, Raketen Mobile, Royale Corporation, Spirent, Sprint und Viber.

Viele Unternehmen bekräftigen dagegen ihre Teilnahme an der weltgrößten Mobilfunkmesse. Nicht selten jedoch mit dem Hinweis, dass man die Lage weiter genau beobachte und sich eine Neubewertung der Situation vorbehalte. Festzuhalten bleibt: Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Soweit Unternehmen ihre Absage öffentlich machen, werden wir den Beitrag entsprechend aktualisieren.

Harry Jacob
Redaktion fuenf-G.de

Kommentar:
Was der Corona-Virus wirklich bedeutet

In On- und Offline-Medien wachsen Berichte über fremdenfeindliche, diskriminierende und sogar aggressive Vorfälle gegenüber Menschen, die möglicherweise aus Asien stammen könnten oder mit diesen Kontakt hatten. Wenn China-Restaurants über Besuchermangel klagen, gehört das noch zu den harmloseren Entwicklungen. Wenn aber Menschen nicht bedient und des Hauses verwiesen werden, oder sich jemand herausnimmt, einen Mitreisenden anzubrüllen, er solle gefälligst nicht ohne Mundschutz unter die Leute gehen, dann ist jegliche Grenze überschritten. Hier sollte jeder einschreiten, der solche Ausfälle beobachtet.

Ein zweiter Punkt: Es sollte uns allen bewusst bleiben, dass es nur am Rande um Zahlen und Statistiken geht – Besucher einer Messe, Wirtschaftswachstum, Produktionsausfälle. Im Mittelpunkt der Überlegungen sollten die Menschen stehen, die Hilfe benötigen. So hat unter anderem die Wirtschaftskammer der Europäischen Union in China dringend um Unterstützung bei der Beschaffung von medizinischen Produkten gebeten. Details finden Sie auf deren Website.